SOFT!: Amsterdam (NL) vom 05.06. bis 24.07.2021

Vier Künstlerinnen und Designerinnen: Beppe Kessler (1952), Mae Engelgeer (1982), Joana Schneider (1990) und Lola van Praag (1992) verbindet die Faszination für Textilien in allen möglichen Farben, Materialien und Formen. In der Ausstellung mit dem Titel „Soft!“ gelingt es der Kuratorin Pien Rademakers, einen vielschichtigen roten Faden zu weben und damit auf den Zeitgeist zu reagieren, in dem ein großes Bedürfnis nach Taktilität besteht.

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Beppe Kessler „Takes Two to Tango“ | Acrylic paint on linen | 20 x 33 x 8 cm

Die bekannte Schmuckdesignerin und Künstlerin Beppe Kessler wählt nicht aus; sie ist Künstlerin und Designerin. Sie verfügt über ein reiches Wissen an Materialien, die sie nicht nur endlos zu kombinieren weiß, sondern auch die Möglichkeiten bis zum Äußersten ausreizt. Ob Holz, Stein, Farbe, Leinen, Kork, Beton oder Aluminium, Kessler verwendet recycelte Materialien und selbst erfundene Techniken, um taktile, sensorisch stimulierende Werke mit starker Ausdruckskraft zu schaffen.Akribisch spannt sie Trikot über Holzblöcke, die sie in die gewünschte Form bringt und nennt sie ‚Ingesnoerd‘ (‚Eingeschnürt‘). Das Werk trägt einen spannenden Widerspruch in sich: Es erscheint hart wie Stein und weich wie ein durchsichtiger Stoff.

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Mae Engelgeer „Bold Weave“ | Yarn mix, jacquard woven In collaboration with the Textiellab, The Textielmuseum’s professional workshop 300 x 150 cm

Mae Engelgeer ist ebenfalls eine Künstlerin und Designerin, die an der Schnittstelle beider Disziplinen arbeitet. Sie arbeitet meist für internationale Auftraggeber, aber für die Galerie Rademakers macht sie freie Arbeiten. Die dreidimensionalen, räumlichen Arbeiten mit ästhetischen und klaren Kompositionen bestehen aus einem grafischen, linearen Linienmuster in Kombination mit einem besonders ausgewogenen Einsatz von Farbe. Sie ist charakteristisch für die Handschrift von Mae Engelgeer. Die in Japan als Bodenbelag verwendeten Tatami-Matten aus gewebtem Igusa-Stroh, die in traditioneller Weise hergestellt werden, waren die Inspiration für ihre dekorativen ‚Ishoku Tatami Works‘. Engelgeer arbeitete mit dem in Kyoto ansässigen Tatami-Macher Mitsuru Yokoyama an einer Serie von maschinell gewebten, aber handgefertigten, verspielten und grafischen Arbeiten, in denen sie Tradition und Zeitgenössisches miteinander verwebt.

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Joana Schneider „Die Rietdeckerin – II“, Rope waste and recycled PET yarn | 182 x 165 cm

Joana Schneider verortet die aktuelle Zeit, in der Künstler ihren Blick mehr aus der Stadt hinaus auf das Land richten, auf der Suche nach dem Kontakt mit der Natur und rohen, natürlichen Materialien als Gegenpol zum Plastik. Sie schlagen eine Brücke zwischen der Natur und dem Zeitalter der Technologie, indem sie taktile, handgemachte Werke als Gegenstück zu unseren kalten Computerbildschirmen schaffen.

Joana Schneider kombiniert seit jeher traditionelle Techniken holländischer Handwerker und Materialien wie ausrangierte Angelseile und Garne aus recycelten PET-Flaschen und regt zum Nachdenken über Phänomene wie Handwerkskunst an, die in unserer heutigen (digitalen) Welt kaum noch geschätzt wird, sowie über typische Männerberufe wie Fischer und Reetdachdecker. Als Hommage schuf sie ‚Die Rietdekkerin‘, von der während der Soft! eine neue Arbeit in der Serie gezeigt wird. Das Porträt einer Reetdachdeckerin sieht ein bisschen aus wie ein japanisches Gemälde und hat eine neue Farbgebung, wird aber mit der gleichen Technik auf einer selbst entwickelten Maschine hergestellt. Dabei wickelt Schneider glänzende Garne um Angelseile und um Schilfbündel. Durch das Umwickeln mehrerer Farben um ein einziges Seil entsteht ein fließender Farbverlauf, als würde sie mit Garn malen, doch gleichzeitig wirkt die handwerkliche Arbeit digital – die einzelnen Farben wecken die Assoziation mit Pixeln.

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Lola van Praag „Crevice I“ | Eco cotton, mercerized cotton, recycled cotton, recycled lurex | 184 x 153 cm | Edition of 5

Die Textilkünstlerin und Modedesignerin Lola van Praag verwendet Techniken wie Applikation, Stickerei, Digitaldruck, Siebdruck und industrielle Stricktechniken, um komplexe Textilarbeiten zu schaffen, die ihre Liebe zur Natur widerspiegeln. In Schweden, wo sie einen Master-Abschluss in Textildesign machte, lernte sie, mit industriellen Strickmaschinen zu arbeiten. Daraus entstand die Serie mit dem Titel „It’s Not a Flower“, in der sie das Thema der weiblichen Sexualität und deren Darstellungen in verschiedenen Medien erforschte. Dabei nutzte sie die Symbolik der Blume in verschiedenen Kunstformen – von der Renaissance-Malerei bis zur modernen Fotografie.

Für die Wandobjekte schaute die Textilkünstlerin näher an die Heimat: den Bollenstreek. Lola van Praag verarbeitet die niederländische Geschichte der Tulpe in einer auf der Strickmaschine gefertigten floralen Arbeit, die eine weibliche Zwiebelschälerin auf dem Feld zeigt, aber auch in einer Vase mit Tulpen, deren Riss die unsicheren Zeiten symbolisiert, in denen wir leben. Ihre monumentalen Arbeiten sind ein Auswuchs von Experimenten an der industriellen Strickmaschine des Textilmuseums, wo sie, wie Mae Engelgeer, das Manuelle mit dem Mechanischen verbindet.

Rademakers Gallery
KNSM-Laan 291
1019 LE Amsterdam
Niederlande

Öffnungszeiten und Anmeldung