Ausgewählte, zeitgenössische Positionen textiler Kunst
Die neue, lange und umfangreich vorbereitete Ausstellung der Darmstädter Galerie Netuschil zu textilem Material und textiler Technik in der Kunst der Gegenwart präsentiert fünfzehn sehr unterschiedliche Positionen zeitgenössischer, künstlerischer Arbeit, die die Bedeutung und die breiten Möglichkeiten textilen Schaffens, gerade in der jüngsten Kunstszene dokumentieren.

Gewoben und gestickt, geklöppelt und gefilzt, gestrickt und gehäkelt, appliziert und collagiert wurde schon immer. Angewandt, in den unendlichen Zusammenhängen textiler Stofflichkeit, umgibt uns das Material als Kleidung oder, inszeniert, als Körperskulptur, und in der Umgebung häuslichen Daseins, des Schmückens und Ausstaffierens! „Gewirr und Gewebe“ entstand im Spannungsfeld von „rohem Leinen“ und „groben Flachszeug“ bis hin zu kostbarsten Brokaten und Seidenstoffen. Textiles Material ist längst in der freien bildenden Kunst angekommen: Eine Hoch-Zeit erfuhr das Textile im Mittelalter, als es von Byzanz über Sizilien nach Norditalien gelangte und schließlich Blütezeiten in Frankreich und Flandern erlebte, verkörpert z.B. durch den Millefleurs-Wandbehang „Die Dame mit dem Einhorn“ vom Ende des 15. Jahrhundert, der im Musée National Moyen Âge (dem früheren Musée de Cluny in Paris) aufbewahrt wird.
Heute hat, neben allen anderen Materialien, Textiles einen hohen Stellenwert in der zeitgenössischen Kunst und erlebt eine grandiose und beispiellose Renaissance. Die Ausstellung der Galerie Netuschil versammelt 15 sehr eigenständige Standpunkte aktueller textiler Kunst und offeriert eine breite Material-Vielfalt, die es so in anderen Medien kaum gibt:

Victor Schönrich webt seine Fantasien vom Weltgeschehen im Beziehungsgeflecht von Figur und Abstraktion; seine Wandarbeiten lassen unendlichen Raum zum Entdecken. Annegret Soltau findet im Zusammenfügen mit Nadel und Faden neue Bildrealitäten ihrer eindrucksvollen zerrissenen Fotografien. Angelika Summa arbeitet mit feinen Metallfäden und erschafft Körperskulpturen mit großer Präsenz. Patrizia Waller ist die große Meisterin des Häkelns; ihre kritischen Arbeiten sind überdeutlich formuliert und leben aus leuchtender Farbigkeit. Peter Weber faltet Filz in einer solitären Weise; die Strenge seiner Arbeit traut man dem Stofflichen kaum zu. Sonja Weber webt! Ihre Jacquard-Bilder reflektieren Natur, Landschaft, Wasser und Berge auf eine besondere, nie gesehene Weise. Rita Zepfs textile Umsetzungen von stehenden und bewegten Bildern erzählen Geschichten aus geschehenem Leben. Die sehr eigenen Beiträge der beteiligten Künstler*innen und die technisch weite Spanne der künstlerischen Äußerungen geben durch Qualität und Vielfalt der Ausstellung ihr Gepräge.
Galerie Netuschil Schleiermacherstr. 8 64283 DarmstadtÖffnungszeiten: Do – Fr 14.30 bis 19.00 Uhr | Sa 10.00 bis 14.00 Uhr |sowie nach telefonischer Vereinbarung)
Parallel stehen Führungen durch die Ausstellung, ein Künstler*innen-Gespräch und eine Finissage, zu der eine Performance mit Körperskulpturen geplant ist, auf dem Veranstaltungsprogramm!

