Design Lab#9 Neobionten: Berlin bis 31.10.2021

Das Kunstgewerbemuseum öffnet im Kontext der Reihe „Design Lab“ erneut seine Sammlungen für eine multiperspektivische Auseinandersetzung. Unter der Leitung von Axel Kufus sind Design-Student*innen der Universität der Künste Berlin eingeladen, die Dauerausstellung als Experimentierfeld für neue Interaktionen zwischen den Artefakten zu nutzen. Der Titel „Neobionten“ ist programmatisch auf das Kunstgewerbemuseum bezogen als Hort unzähliger Objekte unterschiedlicher Bedeutungen und Funktionen, aus unterschiedlichen Materialien, Kontexten, Jahrhunderten und Epochen.

Neobionten

Als „Neobionten” werden solche Spezies (Tiere, Pflanzen, Pilze) bezeichnet, die sich in einem Gebiet außerhalb ihres ursprünglichen Biotops angesiedelt haben. Diese Prozesse sind stets mit komplexen Wechselwirkungen verbunden: Das bedeutet, dass sich nicht nur der Neobiont an seine neue Umgebung anpassen muss, auch das Biotop verändert sich, wenn sich eine neue Spezies etabliert.

Museum als Biotop

In zwölf, medial verschiedenen Interventionen untersuchen die Design-Studierenden der UdK, ob sich neobiontische Wanderungsprozesse und Wechselwirkungen auch für Artefakte nachweisen lassen. Was passiert mit Objekten, wenn sie ihr Biotop verlassen und in ganz andere Kontexte geraten? Wie werden sich die Objekte in diesen ungewohnten Umgebungen verhalten – und wie diese Umgebungen zu ihnen? Stehen ihre ursprünglichen Funktionen in den anderen Kontexten weiterhin im Vordergrund oder werden sie ganz neu interpretiert? Können sie ungeahnte Werte entfalten oder verlieren sie gänzlich an Relevanz?

Metamorphosen

Derlei Transformationen sind in musealen Kontexten normalerweise nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Die Aufgabe des Museums liegt ja gerade darin, die Objekte vor jeglichen Veränderungen zu bewahren. Sie werden aus der lebendigen Welt des Werdens und Vergehens herausgenommen und mit einem semipermeablen Schutzmantel umgeben: hineinschauen möglich, heraus wirksam werden kaum. Dabei haben die meisten von ihnen eine Jahrhunderte lange, oft sehr bewegte Biographie der Wertschaffung und -veränderung, aber auch der Vernichtung hinter sich – inklusive der Raubzüge, und Kriege, die um sie oder um sie herum geführt wurden.

Neobiontische Wiederkehrer

Was passiert, wenn wir die still gestellten Objekte entführen und zu neuem Leben erwecken? Wenn wir sie in ungewohnte soziale Kontexte verpflanzen, neue Narrative erfinden und sie auf die Probe stellen? Welche Geschichten lassen sich nach vorne entwickeln – und welche lassen sich erzählen, wenn die derart Verrückten zurückkehren in das museale Biotop? Welche multiplen Dialoge und auch Ansteckungen ereignen sich in den Sammlungs-Räumen des Kunstgewerbemuseums zwischen den Originalen und den neobiontischen Wiederkehrern?

Die Ausstellung wird kuratiert von Axel Kufus, Anja Lapatsch und Annika Unger vom Institut für Produkt- und Prozessgestaltung der UdK Berlin in Kooperation mit Sophia Prinz, Nicolas Rauch und Martha Schwindling. (Pressetext)

Waiting-MuseumDas Briefing der Studierenden lautete folgendermaßen: „Zu diesem Thema arbeiten wir mit dem Kunstgewerbemuseum Berlin (KGM) zusammen, um eine Auswahl an kultischen Artefakten der Sammlung – die in den gläsernen Särgen des Kunstgewerbemuseums ihr stillgelegtes Dasein fristen – zu entführen und ins Hiersein versetzen. Im Mittelpunkt des Projekts steht die akute Metamorphose und Transformation der Sammlungsobjekte, denen wir durch gezielte Eingriffe neues Leben einhauchen, damit sie sich in neuer Gestalt in den heutigen und zukünftigen Lebensräumen etablieren können.
Dazu wollen wir sie den heutigen sozialen, kulturellen, ökologischen oder (zu ihrer Herkunft ganz konträren) ganz persönlichen Umgebungen aussetzen, um die dadurch provozierten Wechselwirkungen wahrzunehmen und die möglichen Transformationen, seien es Anpassungen oder Absonderungen, Beeinflussungen oder Hybridisierungen, Ritualisierungen oder Neuformatierungen gestalterisch zu unterstützen und zu verantworten. Schließlich wollen wir die Transformierten zurück zu den Dortgebliebenen in die Vitrinen bringen, um für einen nötigen vitalen Durchzug zu sorgen – in dem sie ihre Geschichten vom Heute und Morgen zum Besten geben“.

Kunstgewerbemuseum
Matthäikirchplatz
10785 Berlin

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10:00 – 18:00 Uhr, Samstag und Sonntag 11:00 bis 18:00 Uhr. Montags geschlossen