Die Initiative zu einer alljährlich stattfindenden Messe für Kunst & Handwerk im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg ergriff bereits der Gründungsdirektor des Museums, Justus Brinckmann, vor über 130 Jahren. Sie eröffnete als erste Museums-Messe in Deutschland die Möglichkeit, hervorragende und exklusive Produkte norddeutscher Handwerkskünstler und Manufakturen zu erwerben.

Als Higlight des Jahres adressiert sie seither, konzeptionell immer wieder an den sich wandelnden Zeitgeist angepasst, Liebhaber der angewandten Kunst und des exquisiten Handwerks, Sammler und Kuratoren. Hier wurden viele kostbare Sammlungen passionierter Connaisseure inspiriert, ergänzt, vervollständigt und gingen später häufig als wertvolle Schenkungen in den Besitz dieses oder anderer Museen über.

Man kann also die Weitsichtigkeit des selbst begeistert sammelnden Justus Brinckmann nur in höchsten Tönn loben. Sein Anspruch bestand nicht nur darin, den „Geschmack zu bilden“ und das künstlerische Niveau des Handwerks zu steigern, sondern auch allen Interessierten die Möglichkeit des Erwerbs und Aufbaus einer eigenen Kollektion zeitgenössischen Kunsthandwerks nach musealen Qualitätskriterien zu bieten.
Für die qualitativ anspruchsvolle Auswahl der Exponate sorgt bis in heutige Zeit eine Jury, die gemeinsam mit dem jeweiligen Kurator die Aussteller der Messe des MKG bestimmt, die seit vielen Jahrzehnten von der Justus Brinckmann Gesellschaft e.V. – dem fördernden Freundeskreis des MKG – ausgerichtet wird .

Von 1991 bis 2004 war ich selbst Mitglied der Jury dieser Messe, damals kuratiert von Prof. Dr. Rüdiger Joppien. Es waren legendäre Jahre, in denen die Messe ihren Fokus auf nordeutsche Handwerkunst behutsam, über die Einladung von Gästen, auch auf überegionale Positionen in Kunst, Design und Handwerk lenkte. Damals lief die Messe, sorgfältig kuratiert und inszeniert, noch über einen Zeitraum von drei Wochen ab dem letzten November-Donnerstag. Sie bespielte mit circa 80 Ausstellern die zentralen Flächen in der Beletage des Museums, die im Anschluss für die nachfolgende Ausstellung zum Jahresende neu eingerichtet wurden. Die Besucher, Kunden, Sammler und Kuratoren kamen tatsächlich aus der ganzen Welt! Sie hatten ihren alljährlichen Jour fixe im Hamburg zur Vorweihnachtszeit und die Aussteller generierten hier den Löwenanteil ihrer Jahresumsätze und Ausstellungstermine für das kommende Jahr. Es wurden unvergessene Messefeste gefeiert die das Gemeinschaftsgefühl aller Protagonisten stärkten. Mit vielen tausend Besuchern konnte diese einzigartige Messe alle Beteiligten, Aussteller und Veranstalter, begeistern.

In den folgenden Jahren entstanden ähnliche Verkaufsausstellungen an anderen Orten. Die Übermittlung ihrer Qualitäten als prima inter pares verhallte zusehends im vielstimmigen Chor und die große Tradition alterte mit ihrem Publikum. Man öffnete den Kreis der Aussteller weit über Norddeutschland hinaus, die Laufzeit wurde verkürzt, die Kuratoren wechselten, die Jury auch in Maßen. Trotz aller Bemühungen um vorsichtige Erneuerung konnte, von aussen gesehen, der Eindruck entstehen, dass die Relevanz der Messe auch für das Museum abnahm. Mit sinkenden Besucher- und Kundenzahlen schien der organisatorische und logistische Kraftakt zur Premium-Ausstellungszeit für das Museum immer weniger angemessen.

Aussteller klagten „über zu wenig Werbung und zu wenige Besucher“. Besucher klagten „über zu wenig Neuigkeiten und zu viel Schmuck“. Die älteren Sammler-Generationen bedauerten ihre vollen Regale, jüngere Generationen fühlten sich nur mäßig angesprochen und entdeckten neu entstehende Angebote, die mehr Lifestyle und Frische suggerierten. Doch schließlich fanden die nun aktuell Verantwortlichen zu einer ebenso mutigen wie klugen Entscheidung:
Sie legten ein Jahr aktiver und intensiver Pause ein, die dann zufällig in das erste Jahr der Corona-Pandemie fiel. Die Messe 2020 fiel geplant aus und wird nun für das Wochenende vom 24. bis 28. November 2021 im neuen Gewand vorbereitet. Für die Neupositionierung der MK&G Messe beauftragte man 2020 Pascal Johanssen vom Direktorenhaus Berlin als externen Gastkurator, der die Veranstalter bei der Bestandsaufnahme und Neuausrichtung beriet.

Auf Basis des von ihm über einen Zeitraum von einem Jahr entwickelten Konzeptes wurde die künstlerische Struktur der Messe überarbeitet. „Die Messe möchte das klassische Kunsthandwerk ebenso wie experimentelle Formen berücksichtigen. Die Weichen sind gestellt, um in die Umsetzung zu gehen. Geleitet von Direktorin Tulga Beyerle, gestärkt durch das Projektmanagement von Sonja Eichele (GF der Messe-Betriebsgesellschaft) schreitet die Umsetzung voran“ heißt es auf der Homepage des Museums für Kunst & Gewerbe Hamburg. Man darf also gespannt sein, in welchem konzeptionell und kuratorisch erneuerten Profil die MK&G Messe sich in diesem Herbst präsentieren wird.
Sie wird auf jeden Fall von der zunehmenden Wertschätzung von Handwerkskunst, Manufakturprodukten und Designunikaten profitieren können wenn ihre Neuorientierung atmosphärisch den Nerv der Zeit trifft. Die innovativen Trends der zeitgenössischen angewandte Kunst begegnen heute international einem aufmerksamen Interesse, auch eines jungen, gut situierten Publikums. Das freut sich über eine stetig wachsende Zahl von Events, die in ihrer Promotion auf eine mehr oder weniger raffinierte Mischung von Lifestyle, Exklusivität, Gestaltung und modern interpretiertem Meister-Handwerk setzen.

Das reicht vom Level einer Design Miami, SOFA Chicago, TEFAF, COLLECT London, Rélévations Paris, Collectibles Brüssel usw. über die oft spektakulären Inszenierungen im Kontext großer Möbel- und Konsumgütermessen wie zur Fuori Salone Milano, das dänische Mindcraft-Projekt, das Areal Ateliers d’Art bzw. Scène d’Interieures zur Maison&Objet Paris, die Passagen zur IMM Köln bis zu den Sonderschauen der IHM München.

Daneben spielen viele eigenständige Konzepte, wie das der GRASSIMESSE Leipzig, der Zeughausmesse Berlin oder der M13 – M20 Präsentationen des Kunstgewerbe Vereins Frankfurt am Main in der Villa Metzler – um mich hier auf eine kleine Auswahl zu beschränken – eine wichtige Rolle, die, ungefähr vergleichbar mit der bisherigen Messe Kunst & Handwerk in Hamburg, in einem ständigen Wandel begriffen sind. Viel beachtete internationale Präsentationen, wie beispielsweise zu den LOEWE Craft Prize Wettbewerben, zu HOMO FABER 2018 in Venedig oder jüngst „Crafting a Difference“ at Soshiro London setzen darüber hinaus auch durch ihre professionelle mediale Kommunikation neue Maßstäbe.
Aktuelle Ideen rund um das Thema craft & design greifen permanent neue Facetten und Auffassungen dessen auf, was angewandte Kunst sein kann um dem begierigen Publikum die Qualitäten des Hand-Werkes, des Unikates, zu vermitteln. Die Sensation der handwerklichen bzw. technischen Umsetzung wird gleichberechtigt neben formalen bzw. gestalterischen Aspekten und ihrer Inszenierung gesehen. Die Aura der physischen, haptischen Präsenz scheint unverzichtbar … wenn Corona nicht wäre!? Und gleichzeitig ist genau diese Pandemie offensichtlich auch ein regelrechter Treiber, der die Lust auf feines Handwerk, geniale Entwürfe und besondere Objekte in einem spektakulären Umfeld weckt.
Das Bewerbungsverfahren für die Teilnahme an der MK&G Messe beginnt am 26. April und endet am 28. Mai 2021. Die Bewerbung wird online unter mkgmesse.de möglich sein.
Die Ausschreibung richtet sich an angewandte Künstler*innen, Kunsthandwerker*innen und Designer*innen aller Richtungen und Materialien mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf Eigenproduktion, Unikaten und Kleinserien. Höchste Qualität war, ist und bleibt der Anspruch der Auswahl durch die Fach-Jury. Die MK&G Messe strebt die Präsentation von künstlerisch-handwerklichen Meisterleistungen, Arbeiten von kompromissloser Qualität und Schönheit, aber ebenso experimentelle und unbequeme Positionen an. Gemeinsam ist den Arbeiten die hochwertige und verantwortungsvolle Produktion in der eigenen Werkstatt. Die Objekte sollten dem Ziel der MK&G Messe entsprechen, einen Beitrag zum Werteverständnis von langlebigen und nachhaltig gestalteten Produkten zu leisten.
Einladung_Bewerbung_MK&G_Messe_2021 Info Bewerbung_MK&G_Messe 2021
Info Bewerbung_MK&G_Messe 2021
Die MK&G Messe 2021 auf einen Blick
- Eröffnung Messe und Preisverleihung des Justus Brinckmann Preises (7500 €) und des Förderpreises (2500 €): Dienstag, 23.11.2021
- Laufzeit: Mittwoch, 24. bis Sonntag, 28.11.2021
- Öffnungszeiten: Mittwoch, Freitag, Samstag, Sonntag 10-18 Uhr, Donnerstag 10-21 Uhr
- Veranstalter: Justus Brinckmann Förder-GmbH in Zusammenarbeit mit dem MK&G
- Kontakt: Sonja Eichele, Tel. 040/24 52 91, kontakt@mgkmesse.de
- Ausstellungsort: Museum für Kunst und Gewerbe, Steintorplatz, 20099 Hamburg
- Informationen: mkg-hamburg.de und mkgmesse.de
