
„Einen schönen guten Morgen“ wünschte mir Gabi Veit auf meine Nachfrage. Und schickte diesen Link mit https://www.srf.ch/sendungen/kontext/tandem-ein-lob-auf-die-handfertigkeiten
„Ich habe während des Hörens Haselnüsse gereinigt, die ich im Garten gefunden habe. Alte Haselnüsse mit den Löchern der Eichhörnchen, die sich des Inhalts angenommen haben.
Jede Nuss hat eine andere Öffnung, einen anderen Rand – so schön!“
Die Künstlerin, Schmuckgestalterin und Grafikerin Gabi Veit lebt und arbeitet in Bozen/Südtirol/Italien und in Aesch/Zürich/Schweiz, wo sie sich zur Zeit aufhält. Ihre intensiven Naturbetrachtungen führen sie direkt in ihr Werk – in ein fantasievolles Spiegeln und Spielen mit natürlich gewachsenen Formen, Funktionen und Konzepten. Sie spürt der Poesie der Schöpfung nach, ebenso ihrer Logik. So schärft sich der Blick für ihre Wunder, deren ebenso einfühlsame wie eigenwillige Interpretationen uns Gabi Veit schliesslich als Schmuckstücke, als Löffelobjekte, kurzum als beredte Preziosen vorlegt.
Hier meine Fragen und ihre Antworten:
Welche Projekte haben Dich bis zum Shutdown beschäftigt?
Anfang des Jahres habe ich zusammen mit meinem Mann eine zweimonatige Reise durch Süditalien in den Monaten Mai und Juni geplant. Wir wollten an wenigen Orten viel Zeit verbringen, auf den Markt gehen, frische Lebensmittel einkaufen, kochen und auf der Piazza die Menschen beobachten. Wir wollten wandern, Kurse belegen und Menschen begegnen. Auch hatten wir schon mit Freunden ein Wochenende in Matera organisiert. Ich hatte ein Schmuck-Projekt zu einem ganz neuen Thema ins Auge gefasst, das ich im Frühsommer unterwegs im Süden beginnen wollte.
Gibt es neue Entwürfe, die Du auf einer geplanten Messe/Ausstellung gerne vorgestellt hättest?
Ich habe Objekte in Wachs vorbereitet, die ich während des Salone del Mobile in Mailand im April vorgestellt hätte. Es sind total neue Arbeiten – Kerzenständer und Gefäße, die ich zwar noch im Februar zum Gießer schicken konnte, die ich aber bis heute noch nicht zurückbekommen habe, da auch der Gießer nicht mehr arbeiten kann.
Wie gehst Du nun mit der „geschenkten“ Zeit um?
Normalerweise bin ich zwischen Bozen und der Schweiz viel unterwegs. Seit fünf Wochen bin ich nun in der Schweiz mit meinem Mann. So viel Zeit an einem Stück bin ich selten an einem Ort. Wir genießen unsere gemeinsame Zeit. Wir haben Gemüse angesät, einen ehemaligen Hühnerstall ausgeräumt und ihn in ein Glashaus verwandelt, wir werden außerdem das Dach isolieren. In der Werkstatt kann ich sehr gut arbeiten. Material habe ich genug, Platz auch. Mit meinen Freundinnen und Kollegen bleibe ich im Gespräch, in dem wir ausgiebig telefonieren. Der Austausch ist wertvoll und intensiv. Ich lese viel, sitze an der Sonne und beobachte die Kohlmeisen und Distelfinken im Baum überm Bach.
Welche Themen beschäftigen Deine Kreativität?
Es gab einen Moment, nach dem es eine Absage nach der anderen hagelte, in dem ich meine Arbeit einmal mehr in Frage gestellt habe, in dem ich nicht vom Fleck gekommen bin. Dann habe ich angefangen, jeden Tag einen Löffel zu machen. Das hat meinen Kopf und meine Hände wieder in Bewegung gesetzt. Für neu erhaltene antike Löffel-Sets bereite ich Löffelvariationen vor, und Kerzenständer sind weiterhin in meinem Fokus.
Mein Sommer-Süditalien-Schmuckprojekt versuche ich nun von einer anderen Seite aufzugleisen. Ich spiele mit Formen und experimentiere mit Materialien aus meinem Fundus.
Siehst Du eine Chance in dieser Krise?
Schon in den 1990er Jahren hat Alexander Langer, ein Südtiroler Politiker, den Leitsatz „lentius, profundius, suavius“ geprägt, also langsamer, tiefer, sanfter im Unterschied zum Olympischen Credo von „schneller, höher, stärker“. Vielleicht verlangsamen wir unser Leben bewusst, vertiefen unsere Beziehungen und gehen miteinander und uns selbst sanfter um.
© Schnuppe von Gwinner / Gabi Veit
Gabi Veit
machen & gestalten
Penegalstraße 6a
39100 Bozen | Bolzano
Italien
Homepage http://www.gabiveit.it/
Einen wunderbaren Essay zu den Löfelobjekten von Gabi Veit findet Ihr von Pravu Mazumdar unter dem Titel „The Inner Spoon – Some Observations on Gabi Veit’s Spoon Works“