Pinguine in eisblauer Montur, nicht schmelzende Schneebälle, ein Astronaut in milchigem Weiß, Löwen und Affen im goldenen Schein: So lassen sich die rund 100 Arbeiten des Künstlers Carl Bens beschreiben, die vom 5.2. bis 1. 3. 2020 in der Ständigen Ausstellung des GRASSI Museums für Angewandte Kunst als Intervention zu sehen sind. In der Gegenüberstellung zur Sammlung des Museums treten die Arbeiten des Künstlers in ein spannungsreiches Wechselspiel.
Carl Bens (*1987) studierte von 2011 bis 2019 an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und war Meisterschüler bei Prof. Christine Triebsch. Diese Meisterschülerpräsentation stellt den Abschluss seines Studiums dar. Carl Bens geht geradezu spielerisch mit dem Material Glas und seinen Arbeiten um. Eine Auswahl seiner Arbeiten war bereits auf der hauseigenen GRASSIMESSE Ende Oktober 2019 zu sehen und rief bei den Besuchern viel Interesse hervor. (Pressetext)

Sein favorisiertes Material Glas schätzt Carl Bens insbesondere wegen seiner vielfältigen Erscheinungsformen. Gerade aus der Sicht des Bildhauers ergeben sich spannende und sehr unterschiedliche Ansatzpunkte aus dem prozesshaften Umgang mit Glas, die zu bemerkenswerten künstlerischen Positionen führen. „Der Blick auf meinen persönlichen Naturbegriff gepaart mit dem Material erschliesst Möglichkeiten, die das Suchen und Finden, die Expedition, als Fundstück daraus entstehen und sich in das Material Glas übertragen lassen.“ beschreibt Carl Bens sein Vorgehen das sich im wesentlichen zwei Themenfeldern widmet.

Zum einen der Figur, die ihm als klassisch ausgebildetem Bildhauer besonders nahe steht. Hier modelliert er in konventioneller Methode plastische Tonfiguren, aus denen dann seine Bildhauerformen entstehen. Mit diesen fährt er in die Glashütte um dort mit versierten Glasmachern zusammen zu arbeiten. Allerdings funktioniert es hier nicht, mit der Glasmacherpfeife zu Werk zu gehen, da diese ja einen rotationssymmetrischen Prozess erfordert. Für seine Figuren wird das heissgeschmolzene, flüssige Glas im hohem Tempo verarbeitet. Es wird in der vorbereiteten Form aufgefangen. Durch das Verschliessen dieser Form bringt man Druck auf das Glas, sodass unterschiedliche Wandstärken und damit unterschiedliche Transparenzen des Glases entstehen. Man kann durch die Figur hindurch schauen, die Figur selbst als Raum für sich begreifen, sie den umgebenden Raum vereinnahmen oder sich von diesem abgrenzen lassen. Jeder Positionswechsel des Betrachters bewirkt eine veränderte Sichtachse, in der die Räumlichkeit immer auf neue und besondere Weise begriffen werden kann. Hinzu kommt die Farbigkeit einer Figur, die zu ihr gehört und gezielt eingesetzt werden kann. Es gibt kaum leuchtendere Farben als Glasfarben, die erst durch Licht, als weiteres – ephemeres – Gestaltungselement, zum Leben erweckt werden.

Zum anderen die unerschöpflich erscheinenden Materialuntersuchungen, denen Carl Bens, der unbedingt von der Faszination für das Sinnliche seines Materials getrieben wird, eine bildhauerische Form geben möchte. Unterschiedliche, oft nur minimale, technische Modifizierungen des Schmelzvorgangs führen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen, visuellen wie haptischen Attraktionen die niemals das Ende sondern meistens der Auftakt zu einer weiteren, neuen, variierten Expedition sind. Große Platten aus verschmolzenem Flaschenglas in grün, braun und blau suggerieren eine geradezu edelsteinartige Anmutung. Die Scherben werden in Formen geschichtet und bei einer sehr hohen Gradzahl gehalten damit sich eine Art Kristallwachstum entwickelt das einem natürlichen Prozess nahe kommt. Die Illusion der Kostbarkeit ist perfekt. Oder, seine jüngsten Erkundungen in der „Pate de Verre“ Technik, bei der farbige Glaspulver in sehr niedrigen Temperaturen verschmolzen werden. Gerade diese prozesshafte Arbeit verdeutlicht das Vorgehen des Künstlers Carl Bens:“sich aus dem Arbeiten heraus Materialitäten zu erschliessen und diese dann wieder in eine Räumlichkeit bringen.“
© Schnuppe von Gwinner – den vollständigen Text gibt es im GRASSI BLOG
GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Johannisplatz 5–11
04103 Leipzig
Öffnungszeiten Di – So, Feiertage 10–18 Uhr