KAHLA-Kreativ 2015: Forum am 10.Juli 2015

Nach vier Wochen kreativen Schaffens präsentierten am 10. Juli 2015 die zwölf Teilnehmer des diesjährigen internationalen Porzellanworkshops KAHLA-Kreativ 2015 im Rahmen eines Forums ihre Arbeiten und Experimente.

„Wandellust“ hieß das Motto des des Workshops, mit dem die Günther-Raithel Stiftung – Bildungsinitiative KAHLA-Kreativ – jungen Designern, Keramikern und Künstlern mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund die Möglichkeit eröffnete, sich in den Produktionsräumen der KAHLA/Türingen Porzellan GmbH mit dem gestalterischen Potential des Werkstoffs Porzellan zu beschäftigen.

Euphorie und positive Spannung lag in der Luft der Produktionshalle in KAHLA, die man für das Forum in einen hellen, großzügigen Versammlungsraum verwandelt hatte. Ganz in den Mittelpunkt gerückt die Ergebnisse des Workshops und seine Protagonisten sowie das prominent besetzte Podium, von der Moderatorin Gabi Dewald klug durch die Veranstaltung geleitet. Den enthusiastischen Grußworten der Geschäftsführung und des Thüringer Wirtschaftsministers Wolfgang Tiefensee folgten die Statements der Podiumsgäste:

Wilhelm Siemen, Direktor des Porzellanikons in Selb, stellte seine Vision des „Austauschs der Welten“ vor den Hintergrund einer sorgfältig beschriebenen Produkthistorie, die aktuell in einem stark differenzierten, globalen Markt mündet, dem nur individuell, sozial, emotional und transkulturell erfolgreich entsprochen werden kann – eine große Herausforderung.

Mark Braun, Designer, Künstler und Professor für Produktdesign im Saarland, sprach dem Experiment „Porzellan + x“ das Wort, wünscht sich die Expertise der Unternehmen im ständigen Abgleich mit den frischen Impulsen junger Kreativer, offen für die großen Potentiale des Zusammentreffens von traditionellen und innovativen Verfahren, von Analog und Digital.

Dr. Sabine Runde, Oberkustodin am MAK Frankfurt, forderte „den anderen Blick“, der gerade dem Beiläufigen, Fehlerhaften, Zufälligen im Herstellungsprozess Aufmerksamkeit schenkt und zu neuen Fragen an Material und Technik führt, die Wege zu innovativen Transformationen eröffnen.

Axel Kufus, Designer und Professor in Berlin, Direktor des Instituts für Produkt- und Prozessgestaltung, fordert Unternehmen auf, eine eigene Kultur zu entwickeln und „transdisziplinäre Möglichkeitsmodelle“ durch experimentelle Räume in ihren routinierten Umgebungen zu schaffen. Wertschöpfung, Spirit und Flow fern ökonomischer Überlegungen ergibt sich durch Sondersituationen, Ausnahmezustände und Multiperspektivität auf das immer gleiche Material und Techniken.

Barbara Schmidt, Designerin der KAHLA/Thüringen Porzellan GmbH und Professorin für Design und Experiment in Berlin-Weißensee, zeigte an den Parallelen von „Keramik und Kochen“ die evolutionären Veränderungen unserer Kulturgeschichte und Lebensverhältnisse auf. Die Transformation durch Feuer sowie experimentell oder intuitiv entwickelte Konzepte, wirken hier wie da auf Konsistenz, Technik und kreative Prozesse, die das physische Feedback des Materials brauchen. Barbara Schmidt präsentierte sich die Erneuerung konsequent weiter denkend. Die Fachwelt ist sich einig in der Einschätzung, dass  Produktdesigner in Zukunft vor allem die Aufgabe zufällt Prozesse zu designen – in der Umsetzung für produzierende Betriebe sicher nicht immer einfach zu verstehen. Das Beispiel von Barbara Schmidt hat die Notwendigkeit dieses Anspruchs sehr anschaulich und nachvollziehbar gemacht.

In der jüngeren Vergangenheit profitierte die KAHLA/Thüringen Porzellan GmbH immer von ihrer Offenheit gegenüber kulturellem und technischem Crossover: „Porzellan + x“, die innovative Integration neuer Werkstoffe sorgt für die kontinuierliche Wertschätzung und den ökonomischen Erfolg von KAHLA.

Auch der Jahrgang KAHLA-Kreativ 2015, zwölf Designer und Künstler aus 8 Nationen, zeigte sich beeindruckend inspiriert von der offenen Arbeitssituation inmitten der Produktion mit direktem Zugang zu Material und technischem Knowhow. Die Verbindung zwischen KAHLA und der Zukunft besteht aus diesen wachsam und willentlich herbei geführten Innovationsprozessen von aussen. Eindeutig und unüberhörbar offenbarte sich anlässlich dieses Forums einmal mehr, dass der haptische und technische Umgang mit dem Material selbst die niemals versiegende Quelle von Innovation ist.

Natürlich kam aus dem Publikum die Frage, ob es nicht auch Zeit wäre, einen Workshop mit dem Schwerpunkt CAD und Rapid Prototyping zu veranstalten? Die einmalige Gelegenheit zu vertun sich den optimalen Bedingungen für reale Experimente und Versuche mit dem Material, mit dem Porzellan zu entziehen? Gerade die tastaturgequälten Hände der Designer empfinden doch das größte Glück selbst, tatsächlich und sinnlich gestaltend wirken zu können!

Doch artikuliert sich in dieser Frage verständlicherweise eher die Neugierde, wann und wie denn die Allgegenwart eines virtuellen Mehrwerts auch in die Welt des Porzellans eindringt? Noch scheint sie unberührt? Noch gibt es kein, zu jeder Mahlzeit frei wählbares Dekor auf dem Tellerrand, oder eine integrierte virtuelle Gewichts- und/oder Temperaturanzeigen an Schalen und Bechern? Wenn das wirklich gebraucht wird – nur eine Frage der Zeit und Kreativität. (© Schnuppe von Gwinner)

Teilnehmer des KAHLA-Kreativ_Workshops 2015:

Anna Badur (Deutschland) – http://www.annabadur.de/
Imke Freiberg (Deutschland) – http://www.imke-freiberg.de/
Friedrich Gerdes (Deutschland) – http://www.fritzundfranken.de/
Rachel Harding (Großbritannien) – http://www.rachelharding.co.uk/
Svenja Keune (Deutschland) – http://svenja-keune.de/
Sophie Liechti (Schweiz) – http://ateliervolvox.ch/
Brynhildur Pálsdóttir (Island) – http://www.vikprjonsdottir.com
Marie-Anne Saint-Hubert (Frankreich) – http://mashdesignfrance.com/
Marjukka Takala (Finnland) – http://marjukkatakala.com/
Maria Volokhova (Ukraine) – http://www.volokhova.com/
Meng-Chan Yu (Taiwan) -http://mengchanyu.com
Alena A. Waggershauser (Deutschland).