Die hamburger Galerie Hilde Leiss zeigt keramische Bilderwelten und Zeichnungen der Künstlerin Sonngard Marcks:
Wir kennen sie als die Schöpferin kostbarer keramischer Gefäße in einem traditionell anmutendem Look, mit dem ab und zu die Fantasie durchgegangen ist. Da schiebt sich die Tülle einer Teekanne wie ein Teleskop hinaus, der Griff einer Mokkatasse mündet in der prallen Frucht einer Kirsche und der Deckel einer Dose könnte sich jeden Moment zu einer Tulpenblüte entblättern. Doch das ist noch nicht alles. Diese formalen Eskapaden verbünden sich mit eigenwilliger Fayencemalerei die, ebenso poetisch wie naturgetreu, das in der Form Angelegte erst vervollkommnet. Ihre pittoresken und formal hin und wieder, im amüsanten Sinne, überkandidelten Dosen, Tassen, Teller, Vasen, Gefäße und Früchte aller Art sind stilistisch unverkennbar. Sie sind das Ergebnis einer äußerst zeitintensiven Beschäftigung und der intensiven Lust, möglichst viele künstlerische Ausdrucksmittel gleichzeitig in den Objekten sichtbar zu machen.

Ihre Vorbilder findet Sonngard Marcks in der Natur und auf dem Marktstand einer Ökobäuerin, deren Kisten sie regelmässig nach den schönsten Früchten der Saison durchsucht. Besonders müssen diese sein, sich durch leichte Unvollkommenheiten, einen unorthodoxen Keim, eine kleine Faulstelle oder etwas Wurmfrass auszeichnen. Die präzisen Portraits ihrer Eroberungen interessieren sie, das Kostbare und Delikate mit dem sie ihre Wertschätzung gegenüber der Natur ausdrückt und den Betrachter damit auf Entdeckungstour schickt, ihn Aufmerksamkeit lehrt. Sicher auch Respekt. Vor den Geschenken der Natur und vor ihrer Kunst, diese eigenwillig in Szene zu setzen. Und nicht zuletzt rückt sie die alte, zauberhafte Fayence-Technik wieder in den Fokus.

Als Ausgangspunkt dienen ihr Zeichnungen, Ideen, skurrile Geschichten und das Naturstudium, seit Jahrzehnten in Skizzenbüchern gesammelt. Fleissig und diszipliniert, wie sie selber sagt, „denn das muss sitzen wie eine Vokabel. Mit einer Linie Volumen erfassen und beschreiben, wie eine Pflanze `tickt´, welche Struktur und Sinnlichkeit sie ausmacht.“ Die Systematik von Blumen und Gewächsen, die Verwandtschaften natürlicher, gewachsener Formen sind subtil aber offensichtlich. Alles gibt es schon aber jeder muss seine Variante finden. Sonngard Marcks das Subtile, Feinsinnige. „Mir ist klar, was ich über die Zeichnung suche, wie ich etwas aufzeichne und entdecke. Es ist ein Prozess, eine Entwicklung in deren Verlauf sich die Wahrnehmung verändert – in den Skizzenbüchern und in den Objekten, chronologisch vom Zeichenhaften zum Naturalistischen.“
Sonngard Marcks liebt Themen: Ausstellungen, Aufträge, Anstösse greift sie dankbar auf und verfolgt sie mit grosser Ernsthaftigkeit, interpretiert sie in ihrer künstlerischen Sprache.Sie schenkt ihren keramischen Werken allen dekorativen, formalen wie malerischen Reichtum an Fantasie, den sie besitzt und deren Reservoir offensichtlich unerschöpflich ist. Ihre Energie, Zielstrebigkeit und Perfektion gleicht der einer Tänzerin, die auf den Punkt genau ihr Werk vollendet. Wir können uns glücklich schätzen, dass sie mit Drehscheibe und Pinsel für uns tanzt! So gerät die Hommage an eine schön knollige Kartoffel schon mal zur ausladenden Schale, für die unsere Bewunderung nicht schon mit dem Szenenapplaus enden muss. (Text: Schnuppe von Gwinner, Teile aus der Laudatio zur Ausstellung 2019/20 in Wolfenbüttel)
Galerie Hilde Leiss
Grosser Burstah 38
20457 Hamburg
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 19 Uhr | Samstags 10 bis 16 Uhr
