Rosi Steinbach – Schönes Leben: Berlin vom 15.04. bis 27.05.2023

Eine Ausstellung der Leipziger Künstlerin Rosi Steinbach in Berlin:

„Meine keramischen Objekte entstammen keiner bestimmten Religion, keinem Kult und keinem bestimmten historischen oder kulturellen Kontext. Es handelt sich in der Regel um unprätentiöse, realistische Darstellungen von Lebewesen oder Gegenständen. Es sind Dinge, von denen ich glaube, dass sie eine gewisse Kraft ausstrahlen, die, wenn man ihnen den Raum gibt, darüber nachzudenken, einen ganz subjektiven, aber kollektiv geprägten Assoziationsfluss auslösen können.“ So kommentierte Rosi Steinbach ihre Werke im Kontext der vielfigurigen Installation „Depot“ anlässlich der Ausstellung “Raum zum Nachdenken/Gedanken Raum geben“ 2017 im GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig.

rosiBisonAls Künstlerin bewahrt sich Rosi Steinbach eine bemerkenswerte Unabhängigkeit, die sie sich beharrlich, in der Auseinandersetzung mit der eigenen und anderer Skepsis, erkämpft hat und mit großer Souveränität verteidigt. Voller Vertrauen in die eigene handwerkliche Kunstfertigkeit, erfüllt und beglückt sie der Umgang mit Ton und Glasuren. An der Drehscheibe oder modellierend beherrscht sie ihr Material in vielen Sprachen, die ihr als Töpferin wie als Bildhauerin Virtuosität verleihen.

Ihre Selbständigkeit begründete sie 1996 mit ihrem eigenen Keramikstudio. Seither übt sie den fliegenden Wechsel zwischen Pflicht und Kür, die ihr beide gleichermaßen viel bedeuten. „Die Objekte von Rosi Steinbach kommentieren alle auf irgendeine Weise unsere Alltagskultur. Die Grenzzone zwischen Dekoration und Kultobjekt, alltäglichem Gestaltungswillen und der »hohen« Kunst dient ihr als Ausgangspunkt für die Bildfindung. Die hochglänzenden, farbig glasierten, bemalten und manchmal sogar vergoldeten Objekte sind nicht nur dekorativ, sondern immer auch ein Versuch, den Zustand der Welt zu beschreiben.“ schreibt ihr Galerist Josef Filipp.

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Rosi Steinbach, Dr. Weidinger, 2022, Keramik, glasiert, bemalt, 50 x 51 x 29 cm, entstanden in der Academie of Ceramics Gmunden

Tradition und Moderne sind beide, elementar und unabdingbar, Teil ihres künstlerischen Ausdrucks, der ebenso realistisch beschreibend wie fantasievoll abstrahierend daher kommt, gleichzeitig pragmatisch dokumentierend und doch schöpferisch fabulierend. Ihre Werke zeigen eine zeitgenössische Perspektive auf die Welt, deren Modernität sich durch den konsequenten Einsatz der eindeutig als traditionell konnotierten Fayence-Technik überraschenderweise verstärkt. Die Aura ihrer Portraits rückt diese atmosphärisch in die Nähe der indifferenten Allerweltsmenschen des in Holz arbeitenden Stephan Balkenhol. Auch den Porträts der späten 60er des amerikanischen Malers Alex Katz scheinen sie in ihrer kühlen Makellosigkeit verwandt zu sein.

Große Bekanntheit erreichte Rosi Steinbach mit Keramikbüsten, in deren Gestalt zwischen Klassizismus und Pop sie das Abbild einer Vielzahl bekannter Künstlerpersönlichkeiten wie Neo Rauch, David Schnell, Jonathan Meese und weiteren verewigte. Einige davon fanden Eingang in die Staatliche Kunstsammlung Dresden, in das Museum der Bildenden Künste und in das Grassi Museum für Angewandte Kunst Leipzig. Porträtbüsten, im eigenen oder anderer Auftrag, realisiert Rosi Steinbach vor dem Modell und nach eigenen Fotografien und Skizzen, das subjektiv Charakteristische suchend, das auch in der Anonymität seine Wirkungskräfte entfaltet.

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Rosi Steinbach Laubflechte II, 2022, Keramik, glasiert, 48 x 46 x 10 cm, entstanden in der Academie of Ceramics Gmunden

Ihr allumfassendes Thema ist die Natur, deren Schönheit und Verletzlichkeit in ihr Werk diffundieren. Als liebevoll inszeniertes Dekor, in anrührenden Tierportraits und vor allem in skulpturalen Arbeiten, die der menschlichen Aneignung von Natur einen eher kritischen Spiegel vorhalten. Präzise modellierte Baumfragmente, „Waldstücke“, Tiere, Menschen, Wesen inszeniert Rosi Steinbach mit irritierenden Accessoires, als Anstoß für Assoziationen, deren Reglement sie allerdings nicht festlegt.

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Rosi Steinbach, Philosoph, 2014, Keramik, glasiert, Papphütchen, 57 x 25 x 15 cm

Das Objekt „Philosoph mit bunten Papierhütchen“ (2014) illustriert exakt ihre Methode. Unser ambivalentes Verhältnis zur Natur ist ein dominierendes Gegenwartsthema und inspiriert viele bedeutende zeitgenössische KünstlerInnen, unter denen die beiden dänischen Keramikerinnen Malene Hartmann-Rasmussen und Marianne Nielsen der Formensprache von Rosi Steinbach nahe kommen. Und auch sie formulieren ihre Botschaft als beunruhigende Gratwanderung zwischen Ästhetik und Erschrecken.

Im Zuge eines Aufsehen erregenden Projektes hat die in Fachkreisen hochangesehene Keramikkünstlerin die „Madonna mit dem Jesuskind“ aus der Werkstatt des berühmten Florentiner Renaissance-Künstler Giovanni della Robbia aus dem 16. Jahrhundert, eine Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland an das Grassi Museum für Angewandte Kunst, 2019 fachkundig ergänzt und dafür viel Zuspruch erhalten.

2022 überzeugte sie mit  den im Rahmen einer mehrmonatigen Residency entstandenen Werken in einer anschliessenden Ausstellung der Academie of Ceramics Gmunden der Gmundner Keramik, Gmunden in Österreich. Rosi Steinbachs Passion und Meisterschaft als Keramikkünstlerin verspricht großes Potential für ihr Werk und weitere überraschende und inspirierende Perspektiven auf unsere Gegenwart.

© Schnuppe von Gwinner

Die Galerie Tammen befindet sich in der Friedrichstraße, Ecke Hedemannstraße in Berlin-Kreuzberg, unweit vom Checkpoint-Charlie. Ein umfangreiches Ausstellungsprogramm im Bereich zeitgenössischer Kunst – Malerei – Skulptur – Fotografie – versammelt zahlreiche, auch namhafte Künstler.

Galerie Tammen
Hedemannstraße 14
10969 Berlin


Öffnungszeiten: Di – Sa 12 – 18 Uhr