MATIÈRES PREMIÈRES: Saint- Gilles (B) vom 24.02. bis 10.04.2022

Réjean Peytavin

Angesichts der aktuellen Umwälzungen, die unseren Planeten erschüttern – Klimaerwärmung, Pandemien, Terrorismus… – reagieren die Künstler auf ihre ganz eigene Art und Weise. Einfach nur Schönes schaffen, um zu fliehen, unsere Schwächen und die Lücken unseres Systems hinterfragen, in Recycling und Zweckentfremdung eintauchen, Verbindungen fördern und teilen… Alle Mittel können die richtigen sein, um weiterzumachen und vor allem nicht aufzugeben. Ob aktiv, passiv oder resigniert – die anlässlich der Ausstellung „Matiére premiéres“ von der belgischen Galerie Eleven Steens eingeladenen Künstler leben alle in derselben Welt und versuchen, sie mit ihren Werken wieder zu verzaubern.

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Pauline Bonnet, Toxiques 2020 Skulpturales Keramikensemble – Steinzeug und gebrannte Bleiglasur

Pauline Bonnet entwirft durch ihre Sammlung kurioser Objekte eine phantasmatische Landschaft, die sich durch ihre Formen und Farben als ebenso giftig wie verführerisch erweisen kann. Die junge Keramikerin und ausgebildete Textildesignerin beschäftigt sich in ihrer Praxis mit Fragen der Farbe, des Musters und der Materie und entwirft so ausgeklügelte Objektgruppen, die den Status der dekorativen Kunst in Frage stellen. Sie erforscht die korrelative Beziehung zwischen Innenräumen und Innerlichkeit und stellt sich einen spiegelbildlichen Dialog zwischen dem Zuhause und dem In-sich-selbst vor. Sie versucht, die Formen und Fertigkeiten der Feuerkunst zu erneuern, und stellt evokative Stücke her, die zugleich Objekte und Subjekte sind und sowohl bewohnen als auch beherbergen. Ihre Haushaltsgegenstände stellen ein Anderswo dar und perforieren ein fiktives Interieur, das der Betrachter durch die Projektion seiner eigenen Phantasmen übernehmen kann.

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Yoshikazu Goulven Le Maître, „le chien d’autitorium“, mixed media, 2019

Für Yoshikazu Goulven Le Maître könnte das Atelier eine Müllhalde unter freiem Himmel sein, auf der er Altkleider, Schrott, Elektroschrott, Lebensmittelverpackungen … alles Abfallprodukte unserer Gesellschaft, aus denen er ein wunderbares Bestiarium entstehen lässt, schöpft. Bereits während seines Studiums an der HEAR in Straßburg hat Yoshikazu Goulven Le Maître eine Arbeit entwickelt, die sich mit der Wiederverwertung und Wiederverwendung von gebrauchten Materialien befasst, die er buchstäblich zu einem ebenso seltsamen wie poetischen Bestiarium formt. Für ihn ist dies ein Mittel, um Material zu sparen und natürlich auch, um uns zu zeigen, wie verschwenderisch wir mit alltäglichen Gegenständen umgehen können. Er geht sogar so weit, dass er den Einsatz von Elektrowerkzeugen auf ein Minimum reduziert und stattdessen Handarbeit und mechanische Werkzeuge einsetzt, um die Energie, die er für seine Arbeit benötigt, weiter zu minimieren. Diese Vorgehensweise entspricht seiner Meinung nach dem Geist der „Low Tech“ oder auch einer Haltung, die mit der „Arte Povera“ in Verbindung gebracht werden kann. Indem er durch die Tierplastik die Illusion von Leben in Objekten sucht, drückt er die Andersartigkeit nichtmenschlicher Wesen in einer neuen Ausdrucksform des Lebendigen aus und will so die Dichotomie, die zwischen „Natur“ und „Kultur“ besteht, hinterfragen. Das Ergebnis ist ein zeitgenössisches Bestiarium im Punk- und Barockstil, das zwischen Stillleben und Genreskulptur angesiedelt ist.

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Anne Marie Laureys

BeCraft feiert mit Eleven Steens sein 40-jähriges Bestehen und präsentiert eine Auswahl an Kunstobjekten, die allesamt gut gemeint sind. Die Künstler, die Mitglieder von BeCraft sind und aus den Verbänden von Wallonien und Brüssel stammen, demonstrieren hier zeitgenössische Fertigkeiten in den Bereichen Keramik, Glas, Textilien, Schmuck, Papier bis hin zu unkonventionellen Materialien. Abstrakt, organisch, subtil – ihre ausgestellten Werke verfremden, um besser zu sehen, erfinden neu, um besser zu denken. BeCraft setzt sich seit 40 Jahren für den Fortbestand von Know-how durch die Aufwertung von Künstlern aus den Regionen Wallonien und Brüssel ein, die im Bereich der zeitgenössischen angewandten Kunst tätig sind. Die Galerie des Vereins befindet sich seit 2006 im Stall des ehemaligen Schlachthofs von Mons. Unterstützt werden sie dabei von dem Duo La Gadoue, das sich seit seiner Gründung dafür einsetzt, Industrie und Handwerk wieder miteinander zu verbinden.

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Réjean Peytavin, Anastylose

Auf halbem Weg zwischen Objektpoetik und mentaler Fantasie besteht schließlich der Ansatz von Réjean Peytavin darin, eine häusliche Landschaft mit unkonventionellem Komfort zu schaffen, in der sich Ironie mit Traumhaftigkeit reibt. Fasziniert von Mythen und ihren Ökosystemen, schafft er durch Formen und Materialien Begegnungen mit ihnen. Indem sich Réjean Peytavins Arbeit um die materielle Erforschung der Verbindungen zwischen der Form, ihrer Herstellung und ihrer Verwendung dreht, findet sie ihre ganze Bedeutung in den Herstellungsprotokollen. Er stellt diese Forschung somit in den Bereich der Industrie, die er mit den Wohnorten verbindet, die ihn für die Realisierung seiner Projekte aufnehmen. (Pressetext aus dem Französischen)

Eleven Steens
Rue Steens 11
1060 Saint-Gilles, Belgien

Öffnungszeiten: Freitag, Samstag und Sonntag von 14:00 bis 19:00 Uhr – Freier Eintritt.
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag – nach Vereinbarung.
Montag und Feiertage geschlossen