Erstmals seit über 30 Jahren wird dem Möbelgestalter, Bauhäusler und Burg-Lehrer Erich Dieckmann(1896–1944) wieder eine große Ausstellung gewidmet, die am Freitag, 11. Februar 2022 in Halle (Saale) eröffnet wird. Die Ausstellung in der Burg Galerie im Volkspark sowie in den Räumen der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt wird von Burg-Studierenden gemeinsam mit Gastprofessor Konrad Lohöfener gestaltet. Das Projekt wird maßgeblich durch das Land Sachsen-Anhalt gefördert.
Ausgestellt werden Möbel, Grafiken, Entwürfe und Zeichnungen Dieckmanns aus den Beständen des Kunstgewerbemuseums und der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin sowie zeitgenössische Arbeiten, die sich mit Dieckmanns gestalterischen Ansätzen beschäftigen. In der Ausstellung in der Kunststiftung ist sein erster Stuhl zu sehen. Es handelt sich um den Holzstuhl mit Binsengeflecht, den Dieckmann 1923 als Bauhausschüler entworfen hatte. Es folgen Typenmöbel, die er um 1930 für Einrichtungsprogramme entwickelte um damit ganze Räume, wie Arbeits-,Wohn- und Schlafzimmer auszustatten. Die dazugehörigen Entwürfe und historischen Fotos kommentieren die Konstruktion bzw. die Aufstellung und Wirkung der Möbel im Raum. Doch Dieckmann bleibt nicht bei den stark geometrischen Entwürfen, sondern entwickelt in der Folge kurvilineare Modelle, Bugholz-, Stahlrohr- und Korbmöbel. Hier reizte Diekmann mit seinen Gestaltungsideen die Möglichkeiten des Materials in geschwungenen, dynamischen Formen aus. Seine Korbmöbel wurden quasi zu Prototypen für Gartenmöbel, von anderen mehrfach wiederholt und kopiert. Ein hellblauer Armstuhl mit deutlichen Gebrauchsspuren begleitete Dieckmann auf seinem Lebensweg von Weimar bis nach Berlin.

Erich Dieckmann hat sowohl in Halle (Saale) als auch in Berlin gewirkt. Seine Wiederentdeckung und Sichtbarmachung als prägender Gestalter, der wie Marcel Breuer mit Formen und Materialien experimentierte und Typenmöbelprogramme nach streng geometrischen Formen entwickelte, ist ein gemeinschaftliches Projekt des Kunstgewerbemuseums und der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt und der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Ab dem 07. Mai 2022 wird die Ausstellung im Berliner Kunstgewerbemuseum zu sehen sein. Dort übernahm der Münchner Designer Stefan Diez den Entwurf der Ausstellungsarchitektur, die Typographie ist von Erik Spiekermann.
Die Kunstbibliothek hat schon 1970 umfangreiche Teile des Nachlasses von Dieckmann erworben. Darunter sind mehr als 1.600 seiner Grafiken, Entwürfe und Zeichnungen, die inzwischen digitalisiert, dokumentiert und online zugänglich sind.
Aus den unterschiedlichsten Perspektiven setzten sich Studierende, zeitgenössischen Künstler und Designer mit dem Werk Diekmanns auseinander. Ihre Arbeiten und Ergebnisse wurden Teil der Ausstellung. Burg-Rektor Dieter Hofmann zum Konzept: „Für uns als Kunsthochschule sind bei der Kooperation mehrere Aspekte besonders spannend – zum einen die Auseinandersetzung Studierender mit der institutionseigenen Gestaltungsgeschichte, zum anderen aber auch die Möglichkeit Fragestellungen an die Gestaltung der 1920er und 1930er Jahre rund 100 Jahre später wieder aufzunehmen und um zeitgenössische Blickwinkel ungewöhnlich zu erweitern und auch zubefragen.“

Die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt nähert sich dem Werk Erich Dieckmanns mit einem eigenen Ausstellungsformat, in dem die Möbel von Erich Dieckmann reproduziert, neu inszeniert und – benutzt, ja „besetzt“ werden dürfen. Mehrere Möbelstücke wurden dort nach Original-Entwürfen nachgebaut. Die Künstlerin Margit Jäschke und der Designer Stephan Schulz haben dazu in einer Auftragsproduktion unter dem Titel Living like Dieckmann ein komplett benutzbares Raumkonzept entwickelt. Sie sind dabei auch der Frage nachgegangen, wie man im 21. Jahrhundert nachhaltig, kunstvoll und nützlich Alltagsgegenstände entwirft und realisiert. Beide haben sich entschieden, keinen klar definierten Funktionsraum zu entwerfen, sondern eine Art Wohnraum. In ihm soll die Wirkung von Möbeln für die Besucherinnen und Besucher erfahrbar sein, sie dürfen dort lesen und liegen und einfach erfühlen, was es heißt, in einem Stück Designgeschichte zu sitzen.
Zur Ausstellung erscheint im Mitteldeutschen Verlag ein von Erik Spiekermann gestalteter Katalog mit Texten verschiedener Autoren. Auf der Website sowie in einer Dokumentation in Buchform werden die für die Ausstellung entwickelten Möbelentwürfe von Burg-Studierenden auf den Spuren Erich Dieckmanns vorgestellt. Die Kartensammlung SITZEN – BURG Education Box 02 erscheint im Hochschulverlag der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle.
11.02. – 20.03.2022
Burg Galerie im Volkspark
Schleifweg 8a, 06114 Halle (Saale)
Öffnungszeiten: täglich 14–19 Uhr
Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt
Neuwerk 11
06108 Halle (Saale)
Öffnungszeiten: Mitwoch bis Sonntag 14 – 18 Uhr
Begleitet wird die Ausstellung in Halle von einem umfangreichen Rahmenprogramm
06.05. – 14.08.2022
Kunstgewerbemuseum / Staatliche Museen zu Berlin
Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
