Was haben Lotte Westhaels klare Porzellangefäße und zarte, ätherische Linien mit Carl Emil Jacobsens dichten und massiven Skulpturen aus pulverisiertem Stein oder mit Tora Urups schwebenden, transparenten Trompe-l’oeil-Glasschalen gemeinsam? Ein kompromissloses Experimentieren mit einem bestimmten Material und Verfahren, das von einer persönlichen poetischen Suche ausgeht, die sowohl aus dem Material geboren wird als auch über dieses hinausgeht. Die sinnliche Erforschung grundlegender künstlerischer Prinzipien wie Linie, Raum und Textur ist kennzeichnend für ihre Werke, die auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit mit funktionalen Objekten aufweisen mögen. Doch anstatt einem Zweck zu dienen, sind diese Objekte poetische Prämissen, künstlerische Aufbrüche zu etwas anderem, die den Betrachter zu einer verstärkten Wahrnehmung von Materialien, Farbe, Licht, Schwerkraft, Dichte, Rhythmus, Raum und Tiefe führen. Unerwartete Dialoge zwischen diesen heteroklitischen Werken entstehen plötzlich, die sowohl die Einzigartigkeit jedes künstlerischen Ausdrucks als auch ihre gemeinsamen Obsessionen unterstreichen.

Seit 2001 hat Tora Urup ein besonderes Interesse an der Erforschung der visuellen Effekte gezeigt, die in einer Reihe von kreisförmigen Glasskulpturen in leuchtenden Farben aus dünnem opakem und dickem transparentem Glas erzielt werden. Diese Arbeiten spiegeln Urups Untersuchung der spezifischen Rolle von Farbe und Material in unserer Wahrnehmung von Volumen und Raum wider, sowie ihre Verwandlung von Archetypen wie der Glasschale in traumartige Objekte. Indem sie subtile Farben kombiniert und sie miteinander interagieren lässt, ermöglicht Urup neue räumliche Wahrnehmungen, die unser herkömmliches Verständnis der traditionellen Glasschale verändern. Die inneren Volumen dieser Trompe-l’oeil-Skulpturen scheinen unabhängig von ihrer äußeren Hülle zu schweben, und durch die sorgfältige Gegenüberstellung und Bearbeitung der geschliffenen und polierten Oberflächen schafft Urup die Illusion eines scheinbar unendlichen, fließenden Raums innerhalb eines physisch begrenzten Volumens.

Diese schwebenden, kristallinen Glasillusionen stehen in fast diametralem Gegensatz zu der großen Schwere und der pulverisierten Textur der Schotterplastiken von Carl Emil Jacobsen. Jacobsen arbeitet mit gefundenen Materialien wie Feldsteinen, Kalkstein, Marmor und Ziegeln aus abgerissenen Gebäuden, die er in feines Pulver aus natürlichen Pigmenten in intensiven Farben verwandelt. Als Hommage an den subtilen Farbreichtum der nordischen Landschaft erweckt er diese pulverisierten Steine zu neuem Leben, indem er sie in Pigmente für seine Powder Variations-Arbeiten verwandelt. Diese Skulpturen legen einen besonderen Schwerpunkt auf Farbe, Licht, Schatten und die Fähigkeit der Form, die Erfahrung einer bestimmten Farbe und Textur zu verstärken. Inspiriert von der Theorie des verstorbenen dänischen Bildhauers Willy Ørskov, wonach „der Inhalt der Skulptur die Skulptur ist“, existieren Jacobsens nicht-figurative Skulpturen als abstrakte, physische Formen, die im elastischen Grenzbereich zwischen Natur und Kultur eher eine Erfahrungsverbindung als eine intellektuelle Einmischung fördern, aus sich selbst heraus.

Die zarten und grafischen Porzellangefäße von Lotte Westhael bilden einen interessanten Kontrapunkt zu Tora Urups fließendem Universum und Carl Emil Jacobsens kompakten Formen. Westphael arbeitet mit Linien und Farben in geometrischen Mustern, die sie in zylindrische Porzellangefäße formt. Über mehrere Jahre hinweg hat sie ihre eigene Technik entwickelt und verfeinert, bei der sie feine Streifen aus farbigem Porzellan in vertikalen und horizontalen Linien aufbaut. Wie die Arbeiten von Urup und Jacobsen haben Westphaels Gefäße einen starken taktilen Charakter, der gleichzeitig das Material und die Technik des Werks in Frage stellt. Wie Urup und Jacobsen arbeitet Westphael mit Farbe, allerdings als Felder auf einer gekrümmten Oberfläche: Der Zylinder ist ihre dreidimensionale Leinwand, und ihr Prozess dreht sich um ein Interesse an Proportion und Rhythmus in den Linien, oft inspiriert von den Textilien von Anni Albers und den Grids von Agnes Martin. (aus dem englischen Pressetext)
Galerie Maria Wettergren
121, Rue Vieille-du-Temple
75003 Paris, Frankreich
Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag : 11 bis 19 Uhr
