Was wäre die „Plauener Spitze“ ohne die Kunstschule für Textilindustrie in Plauen? Die Entwürfe der „Nouveautés“, der stilprägenden Neuheiten der Stickerei- und Spitzenindustrie des Vogtlandes, stammten zum größten Teil aus der Feder von Absolventen dieser Schule. Die Geschichte und das Wirken der Schule zwischen 1877 und 1945 wird nun umfassend in einer Kooperationsausstellung des Kunstgewerbemuseums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und des Vogtlandmuseums Plauen präsentiert.
Die faszinierenden Entwürfe für Maschinenspitzen werden von Textilien, Vorlagenmappen und Modefotografien aus den ehemaligen Sammlungen der Kunstschule, die den Studierenden einst als Inspiration dienten, ergänzt. Es sind die einzigen textilen Zeugen aus der Ära der Kunstschule Plauen, die trotz der Zerstörung der Gebäude im Zweiten Weltkrieg bis heute als Beispiele des Kunstschulbestandes in der Sammlung des Vogtlandmuseums bewahrt werden konnten. Inventarbuch und Ankaufsunterlagen verbrannten und so bleibt die Herkunft der meisten Stücke auch heute lediglich eine Vermutung.
Flankiert werden die Schulentwürfe und Vorbilder durch Plauener Industrieprodukte, hauptsächlich aus dem Bestand des Kunstgewerbemuseums. Sie veranschaulichen das Verhältnis von Schule und Industrie, von Entwurf und Umsetzung und zeigen, dass es gestern wie heute die konstruktive und respektvolle Zusammenarbeit von Gestaltern und Technikern braucht, um Sehenswertes zu produzieren.
Dass „Spitze“ auch heute zu textil-grafischen und sinnlichen Kunstwerken anregen kann, zeigen vier zeitgenössische Designpositionen, die Sie parallel zur Ausstellung in den Räumen des Wasserpalais‘ und in der Umgebung von Schloss und Park Pillnitz entdecken können. Die Textildesignerin und Absolventin der BURG Giebichenstein Kunsthochschule Halle Magdalena Sophie Orland überrascht mit einer neuartigen, handgefertigten Spitze, die vielfältigste Verwendungsmöglichkeiten eröffnet und die sie zusammen mit Susanne Ostwald, ebenfalls Textildesignerin, erkundet. Die präsentierten Arbeiten verknüpfen die Ausstellung mit der ebenfalls im Kunstgewerbemuseum zu entdeckenden Präsentation der Preisträger*innen und Nominierten des Sächsischen Staatspreises für Design 2020: Magdalena Sophie Orland gehört dazu.
Der Berliner Designer und Studiengangleiter für Produktgestaltung an der FH Potsdam, Hermann August Weizenegger, erarbeitete gemeinsam mit der Firma Modespitze Plauen GmbH ein maschinengesticktes Modul, das sich in unterschiedlichste Formen verwandeln kann. Aneinandergereiht, gefaltet, gebogen entstehen so Tischwäsche, ein Cape und Leuchten. Die Künstlerin Joy Buttress aus Nottingham ließ sich von Ornamentstudien der Kunstschule Plauen inspirieren, die sie im Lace Archive der Trent University Nottingham entdeckte. Es entstanden Applikationen auf Lederhandschuhen und Latexstickereien, die sich mit dem Zusammenspiel von Haut und Spitze auseinandersetzen.
Im Rahmen der AA nanotourism Visiting School in Vitanje (Slowenien) 2014 entwickelten vier Teilnehmer*innen des Workshops eine geklöppelte Riesenspitze. Als XXL-Hängematte für mehrere Personen dient diese über den Sommer als benutzbarer Hang-Out im Freigelände. Wir werden daran sogar „anknüpfen“ und wollen über den Sommer mit unseren Besucher*innen gemeinsam weitere Hang-Outs schaffen. (Pressetext)
Schloss Pillnitz
August-Böckstiegel-Straße 2
01326 Dresden
Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr

Nouveautés
Kunstschule und Spitzenindustrie in Plauen
Herausgeber: Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Thomas A. Geisler; Kerstin Stöver; Ute Thomas 160 Seiten, 292 meist farbige Abb. 29,7 x 21 cm, Klappenbroschur
Erscheinungsdatum 11.10.2020
ISBN 978-3-95498-578-4
