Was macht eigentlich… Martin Wilmes?

Congratulations and Jubilations! Ein tosender Applaus und die allerbesten Wünsche gehen hier und jetzt an Martin Wilmes !!! Seit 20 Jahren entstehen in seiner Werkstatt Möbelunikate und Kleinserien aus sorgfältig ausgewählten europäischen und exotischen Hölzern – Möbel und Accessoires, die sich in einer unprätentiös modernen Objektsprache als kompatibel für unterschiedlichste Milieus empfehlen. Zeitgemäss und souverän spricht aus ihnen die hohe Wertschätzung des Materials, brillanter Ideenreichtum und lustvoller Perfektionismus.

Vertigo mit Schubkästen - Möbelstück von Martin Wilmes
Vertigo mit Schubkästen – Möbelstück von Martin Wilmes

Vielseitig und allseitig konzipiert Martin Wilmes seine Aufbewahrungsmöbel – gleich ob Schrank, Regal oder Schubladenturm. Optisch wie praktisch gleichermaßen variabel bieten sie eine überraschende Vielfalt funktioneller und dekorativer Details. Schübe und Platten gleiten sanft, lassen sich drehen und wenden.  Charaktervolles Holz, in seinen spezifischen Maserungen und Tönen, zeigt sich in reizvollem Kontrast zu  matt-farbigen Flächen. Jedes Detail offenbart in Vollendung  meisterhafte Tischlerarbeit. Ohne Unterschied zwischen seinen einfallsreichen kleinen Serienprodukten, Auftragsarbeiten oder freien Entwürfen. Immer bleiben seine Objekte unverkennbar, in ihrer informellen Eleganz das überraschend Originelle bewahrend.

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Martin Wilmes Hocker solo uno

Seit 2018 ist Martin Wilmes Mitinhaber der Produzentengalerie Raum Handwerk & Design und seit 2017 befinden sich seine Werkstatträume im Künstlerhaus in Bremen. Schon 2007 war er Bremer Förderpreisträger für Angewandte Kunst, 2013 unter den „Best of Germany“ des AD -Architectural Digest. 2014 wurden seine Objekte in die „crafts collection Niedersachsen“ aufgenommen, 2018 erhielt er den „Katharina Aust Gedächtnispreis“ für das beste Einzelstück der AdK Hamburg und den Publikumspreis der Tage des Kunshandwerks in Worpswede. Dabei wird es sicher nicht bleiben, auch wenn zur Zeit alle auf der Bremse stehen. Hier kommen die Antworten von Martin Wilmes auf meine Fragen:

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Martin Wilmes Werkstatt solo uno work in progress

Welche Projekte haben Dich bis zum Shutdown beschäftigt?

Die Produzentengalerie „raum“, die ich hier in Bremen mit zwei Kolleg*innen betreibe, hatte ihre Saison zum Glück gerade beendet, als der Shutdown kam. Das hat uns und viele Kunsthandwerker*innen aus ganz Deutschland, deren Produkte wir vertreiben, vor Verkaufseinbrüchen bewahrt. Und auch meine Auftragslage ist bisher durch die Pandemie nicht beeinträchtigt, so dass ich weiter Möbel bauen kann. Darüber bin ich sehr froh und hoffe, dass es so bleibt. Die Veranstaltung „Made in Bremen“ jedoch, für die wir mitten in den Vorbereitungen waren, wurde abgesagt. Bedauerlich ist dies vor allem, weil sie in diesem Jahr zum ersten Mal stattfinden sollte. Wir waren sehr gespannt darauf, wie sie angenommen werden würde.

Und ganz besonders hatte ich mich darauf gefreut, meine 20-jährigen Selbständigkeit als freischaffender Möbeltischler zu feiern – mit einer Werkschau in meinen tollen Räumlich-keiten im Künstlerhaus Bremen und einem rauschenden Fest mit den vielen Menschen, die mich auf meinem Weg begleitet haben.

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Martin Wilmes Werkstatt work in progress

Gibt es neue Entwürfe, die Du auf einer geplanten Messe/Ausstellung gerne vorgestellt hättest?

Ich habe im Zuge der Corona-Krise entschieden, mit freien Arbeiten zu pausieren. In den vergangenen vier Jahren habe ich auf der Grassi-Messe und auf anderen Ausstellungen große neue Objekte präsentiert. Ideen und auch Entwürfe gibt es eigentlich immer in unterschiedlichen planerischen Stadien. Allerdings fehlt mit der Sicherheit auf eine Ausstellung ein ganz entscheidender Antrieb für die Umsetzung, zumal die Fertigung von Möbelobjekten wie dem Kabinettschrank oder der Schubladensäule finanziell und zeitlich sehr umfänglich ist.

Im Vordergrund steht derzeit das Entwerfen und Bauen schöner Einzelstücke für Kunden, beispielsweise die Gestaltung des Mobiliars für einen kleinen Kapellenneubau. Hierfür gibt es schon einen Prototypen, der die gestalterische Idee und die Ausführung vermittelt. Ich hoffe, dass ich dieses Projekt im Herbst umsetzen kann.

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Martin Wilmes Werkstatt

Wie gehst Du nun mit der „geschenkten“ Zeit um?

Geschenkte Zeit gibt es für mich nicht wirklich, nur etwas weniger Zeitdruck im Hinblick auf meine Aufträge. Zugleich sind Kinderbetreuung und Home Schooling auf eine andere Art sehr zeitintensiv. Ich würde sagen, dass sich ein guter Teil meiner Zeit von der Werkstatt nach Hause verlagert hat und ich sie deswegen anders verbringe als vor dem Shutdown.

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Martin Wilmes – Kästen aus verschiedensten Hölzern

Welche Themen beschäftigen Deine Kreativität?

Auch wenn niemand zum Essen kommen kann, macht es mir Freude, meine Familie zu bekochen. Und sicherlich ist Kniffel nicht das kreativste Spiel, aber es bringt das Blut zum Kochen und macht Spaß! Außerdem spiele ich eigene Songs auf der Gitarre, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe und widme mich wieder mehr der Musik, einer anderen Ausdrucksform, die für mich sehr wichtig ist.

Die kreative Auseinandersetzung mit Gestaltung, mit Möbeln und Handgemachtem habe ich immer, das bringt der Beruf mit sich. Während der letzten Wochen habe ich aber in den Sozialen Netzwerken viel Spannendes von anderen Künstler*innen entdeckt und so meinen eigenen Horizont erweitert.

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Martin Wilmes

Siehst Du eine Chance in dieser Krise?

Vor allem kommt gerade sehr drastisch zum Vorschein, wie ausbeuterisch unser kapitalistisches System ist – dass uns zurzeit viele Menschen durch die Krise bringen, die unterbezahlt sind und zu wenig gesellschaftliche Anerkennung erfahren. Eine Chance wäre es meiner Ansicht nach, wenn jetzt neue richtungsweisende Entscheidungen im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit und eine klimafreundlichere Politik gefällt würden. Dass im Zuge dieser Krise Solidarität als gesellschaftlicher Wert an Bedeutung gewinnt, sehe ich tatsächlich als Chance, auch wenn mich das damit einhergehende „Alltags-Heldentum“ stört. Ich hoffe, dass wir zumindest einige Chancen genutzt haben werden, wenn wir zurückblicken – und bin sowohl skeptisch als auch hoffnungsvoll.

Text © Schnuppe von Gwinner / Martin Wilmes

Martin Wilmes
Künstlerhaus Bremen
Am Deich 68/69
28199 Bremen
moebel(ät)martin-wilmes.de

Martin Wilmes hat einen sehr originellen Instagramaccount, auf dem er sich wunderbar über die Schulter schauen lässt!