Sieben Schätze. Eine Wunderkammer des japanischen Cloisonnés: Frankfurt bis 22.09.2019

Als Japan sich Mitte des 19. Jahrhunderts der Welt öffnete, blickte der Westen staunend auf ein Land voller Naturschönheiten, aber auch auf eine Hochkultur und ihre raffinierten Artefakte.Der Japonismus als Modephänomen war geboren. Mit ihm erlebte die Kunstform des japanischen Cloisonnés einen rasanten Aufschwung. Kunstvoll verzierte Vasen, Teller und Schalen in jener Dekortechnik, bei der farbiges Glas zwischen feinen Kupferstegen auf eine Oberfläche aufgeschmolzen wird, wurden gezielt für einen gehobenen internationalen Markt geschaffen. In einer Verbindung aus östlicher und westlicher Ästhetik entstand ein neuartiger Stil des Dekorativen. Noch heute beeindrucken die zarten Farbverläufe, die fein gearbeiteten Motive und malerischen Oberflächeneffekte.

Das Museum Angewandte Kunst erhielt im Jahr 2016 eine anonyme Schenkung von rund vierhundert hochwertigen japanischen Cloisonné-Arbeiten. Nachdem noch im gleichen Jahr erste handverlesene Stücke präsentiert wurden, widmet sich die neue Ausstellung Sieben Schätze. Eine Wunderkammer des japanischen Cloisonnés zeigt nun erstmals die ganzen Sammlung in ihrer Vielfalt.Durch die Übereignung der Sammlung verfügt das Museum Angewandte Kunst nun über eine der bedeutendsten europäischen Museumssammlungen zum Thema japanisches Cloisonné, wie sie sich in vergleichbarer Qualitätim Victoria & Albert Museum in London findet.

Als eine über Jahrzehnte aufgebaute Studiensammlung spannt sie den Bogen von den Anfängen des japanischen Cloisonnés im 16. Jahrhundert bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Schwerpunkt liegt auf dem Cloisonné der Meiji-Zeit und insbesondere auf der Blütezeit dieser Kunst zwischen 1880 und 1910. Neben ihrer breiten historischen Spanne stellt die Sammlung verschiedenste Techniken mit beispielhaften Werken vor: neben dem Standard-Cloisonné das Plique-à-jour in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen, die dreidimensionale Moriage-Technik, halbtransparentes Email über Repoussé-Prägedekor und ginbari sowie die Kombination von Cloisonné und Silberschmiedekunst. In diesen Objekten manifestiert sich der Geist einer neuen Zeit, in der sich Japan eindrucksvoll als innovativer Vorreiter eines international ausgerichteten Stils des Dekorativen in der angewandten Kunst präsentiert.

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CloisonnéFoto: Uwe Dettmar© Museum Angewandte Kunst

Die Kunst des Cloisonnéserreichtein der frühen Ming-Zeit (1368-1644) in China. Sie erfreute sich dort rasch großer Beliebtheit und wurde zu einem lebendigen Teilbereich des chinesischen Kunsthandwerks. Die chinesischen Cloisonné-Arbeiten blieben anders als in der ostasiatischen Geschichte des Porzellans im relativ nahen Japan lange Zeit weitgehend folgenlos.Ein wichtiger Beweggrund dafür, dass Cloisonné im Japan der Meiji-Zeit zu einem der erfolgreichsten Zweige der Handwerkskunst werden konnte, waren die dramatischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen im Zuge der Öffnung und Modernisierung des Landes.

Durch die Öffnung Japans unter der 1868 beginnenden Regentschaft des Meiji-Tennō wurde japanisches, für den westlichen Geschmack entworfenes Cloisonné ein höchst erfolgreicher Exportartikel, nicht zuletzt zur Finanzierung der immensen Kosten für die Modernisierung und Industrialisierung des Landes.Die Entmachtung der Samurai und das Verbot des Schwertertragens bedeuteten einen Kundenverlust für Handwerksprodukte, insbesondere auch für den Schwertschmuck. Die zunehmende Industrialisierung sorgte zusätzlich dafür, dass Handwerksprodukte herkömmlicher Art generell immer weniger mit industriell erzeugter Ware konkurrieren konnten. Doch Japan gelang es neben dem Aufbau industrieller Strukturen auch seine Handwerkskünste in erstaunlichem Maße lebendig zu erhalten. Besonders die Weltausstellungen der Jahrhundertwende beförderten die Japonismus-Mode. Das in Historismen zunehmend erstarrende Europa und der Westen insgesamt begeisterten sich stark für die vielseitigen Kunst- und Handwerksprodukte aus Japan. Aufgrund dieser Entwicklung fanden viele Handwerker neue Kunden im Ausland und eine neue Blütezeit des japanischen Kunsthandwerks begann.

Für das Museum Angewandte Kunst hat die Sammlung von Cloisonné-Arbeiten eine herausragende Bedeutung. Der Zeitraum der Entstehung der meisten Stücke fällt mit jener Zeit zusammen, in der die Grundlagen für das Museum Angewandte Kunst gelegt wurden. Der Japonismus war damals eine Modeerscheinung, die viele Bereiche der Angewandten Kunst nachhaltig prägte. So finden sich vielfältige Querverbindungen zwischen dem seinerseits stark vom europäischen Geschmack inspirierten japanischen Cloisonné und anderen Bereichen der Museumssammlung, die die europäische Kunsthandwerksentwicklung zwischen den 1870er und 1920er Jahren zum Gegenstand haben.

Zur Ausstellung erscheint im Wienand Verlag ein reich illustrierter, 271 Seiten umfassender Katalog ( deutsch/englisch, japanische Transkriptionen für wichtige Namen und Begriffe, Preis: 35Euro). Er stellt die 149 schönsten der rund 400 in der Ausstellung präsentierten Werke der Sammlung im Detail vor. Der Anhang dokumentiert sämtliche Werkstattmarken und bietet u.a. mit historischen Fotos illustrierte Angaben zum Herstellungsprozess sowie ein wissenschaftliches Glossar. Der Katalogwurde durch die großzügige Unterstützung des Bankhauses Metzler ermöglicht. (Pressetext)

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten: Di, Do-So 10-18 Uhr, Mi 10-20 Uh