Der 2006 erstmals ausgelobte BKV-Preis für Junges Kunsthandwerk findet in diesem Jahr zum achtzehnten Mal statt. Aus insgesamt 66 Einreichungen, die in diesem Jahr aus 16 Ländern eingingen, ermittelte die Jury drei Preisträger und zwei Belobigungen. Die Preisverleihung fand am Samstag, 2. März 2024, um 14 Uhr auf der Bühne der Internationalen Handwerksmesse IHM, Halle B 1, statt.

Den ersten Preis erhält: Zhipeng Wang Deutschland, München
Begründung der Jury:
Federleicht mit smarter Haptik. Rechteck mit präzisen Kanten. Tafelgröße circa 9 x 5 x 1 cm. Eine klassische, universelle Form. Puristisches Understatement. Die rückseitige Edelstahlbroschierung offenbart: es handelt sich um einen Ansteckschmuck. aus recyceltem chinesischem Tee, mit Bindemittel gehärtet, und 925er Silber. Das Material offenbart die Sensation. Komprimierte Strukturen verdichten sich assoziativ zu lebhaften Landschaften. Aus der Vogelperspektive betrachtet. Aus sehr großer Höhe. Schimmernde Mäander durchziehen sie. Wie ein zerfranster Weg, ein Flussbett, eine verschneite Gipfelkette. »Tea Bricks« nennt der chinesische Künstler Zhipeng Wang seine Schmuckstücke. Er zitiert die, im alten China vor der Mingdynastie geläufigste Form gepressten Schwarztees, die den Teehandel signifikant vereinfachte und aufgrund des hohen Wertes von Tee in weiten Teilen Asiens als Zahlungsmittel verwendet wur- de. Zhipeng Wangs »Tea Bricks« sind Metaphern seiner Erfahrungen und Erinnerungen als Reisender. Ausdruck seiner kulturellen Identität als Chinese. Ausdruck von Weltläufigkeit.
Der BKV-Preis 2024 ist dotiert mit € 3.000,- und einem Katalog der Preisträger (dt./engl.), der in der Schriftenreihe des Bayerischen Kunstgewerbevereins erscheint. Außerdem beinhaltet der Preis eine für drei Jahre kostenlose Mitgliedschaft im Bayerischen Kunstgewerbeverein.
Zhipeng Wang, geb. 1996 in Anhui / China
2015-2016 Studium an der China Academy of Art, Design Foundation, Hangzhou, China, abgeschlossen mit B.F.A // 2016-2019 Studium der Fachrichtung Schmuck und Gerät an der China Academy of Art, Hangzhou, China, bei Prof. Zhenghong Wang, abgeschlossen mit B.F.A. // Seit 2020 Studium der Fachrichtung Schmuck und Gerät an der AdBK Akademie der Bildenden Künste München, bei Prof. Karen Pontoppidan

Den zweiten Preis erhält: Philsoo Heo Deutschland, Essen
Begründung der Jury:
Die Installation des Südkoreaners Philsoo Heo aus Keramik,Wachs und Glasschalen mit dem Titel »Fünf Elemente« untersucht das Werden, Verwandeln und Vergehen in der Natur aus einer asiati- schen Perspektive. Die farbigen Glasuren verleihen den Oberflächen der Objekte überraschende Einblicke und erinnern an Mikroorganismen, die trotz ihrer Kleinheit eine große skulpturale Wirkung entfalten. Die organische Erscheinung der Arbeiten erinnert in ihrer Natürlichkeit auch an den Wandel und Zerfall des menschlichen Körpers und steht somit für den immer wiederkehrenden Kreislauf des Lebens. Malerei und Skulptur, fernöstliche und abendländische Philosophie, Natur und Körper, Symmetrie und Asymmetrie, Ratio und Chaos, Fantasie und Wissenschaft sowie Tradition und moderne treffen sich in den faszinierenden Arbeiten von Philsoo Heo.
Diese Auszeichnung ist dotiert mit € 2.000,- und einem Katalog der Preisträger (dt./engl.), der in der Schriftenreihe des Bayerischen Kunstgewerbevereins erscheint. Außerdem beinhaltet der Preis eine für drei Jahre kostenlose Mitgliedschaft im Bayerischen Kunstgewerbeverein.
Philsoo Heo, geb. 1993 in Cheonan / Südkorea
2011-2018 Studium der Fachrichtung Environmental Art and Design an der Namseoul University, Cheonan, Südkorea, abgeschlossen mit B.F.A. // 2020-2022 Studium der Fachrichtung Freie Kunst Keramik / Glas am IKKG Institut für Künstlerische Keramik und Glas der Hochschule Koblenz, Höhr- Grenzhausen, bei Prof. Markus Karstieß, abgeschlossen mit M.F.A.

Den dritten Preis erhält: Lingjie Wang China, Shanghai
Begründung der Jury:
Menschen und Pilze.Wie sind die Rollen in dieser Beziehung eigentlich verteilt? Wer dominiert, wer unterwirft sich? Pilze werden vom Menschen als Nahrungsmittel gezüchtet, gleichzeitig sind wir für manche Pilzarten das feucht-warme Wirtstier. Dieser ambivalenten Beziehung spürt Lingjie Wang mit ihren Broschen nach. Durch filigrane Einschnitte und Trocknungsprozesse werden aus herkömmlichen Speisepilzen wie Champignon und Shiitake amorphe Gebilde. metallene Fassung und Broschierung erscheinen wie der letztlich klägliche Versuch, den unaufhaltsamen Wachstumsdrang des Pilzes einzuhegen. In Bezug zum menschlichen Körper eröffnen Wangs Broschen weite Räume der Interpretation, ähnlich dem unsichtbaren Myzel eines Pilzes in der Natur, das tief in den Waldboden hineinreicht.
Diese Auszeichnung ist dotiert mit € 1.000,- und einem Katalog der Preisträger (dt./engl.), der in der Schriftenreihe des Bayerischen Kunstgewerbevereins erscheint. Außerdem beinhaltet der Preis eine für drei Jahre kostenlose Mitgliedschaft im Bayerischen Kunstgewerbeverein.
Lingjie Wang, geb. 1990 in Shanghai / China
2009-2012 Studium der Fachrichtung Industrial Design, Hunan University, China, abgeschlossen mit B.E. // 2015-2016 Technisches Vorpraktikum, Fachbereich Schmuck Pforzheim // 2016-2020 Studium der Fachrichtung Schmuck Hochschule Pforzheim, Fakultät für Gestaltung, abgeschlossen mit B.A. // 2019-2020 Erasmus-Programm Schmuck, Central Saint Martins, University of the Arts London, Großbritannien // 2022-2023 Studium der Fachrichtung Schmuck und Gerät am Royal College of Art, Großbritannien, abgeschlossen mit M.A.

Eine Belobigung erhält: Anna Avits Deutschland, München
Begründung der Jury:
Halsschmuck und Brosche der ukrainischen Künstlerin Anna Avits lassen an die gefiederten Körper von Vögeln denken. Das freigelegte textile Gewebe der alten Gummireifen, die sie als Material verwendet, verstärkt diesen Eindruck noch. Mit dem Titel »Black Swan« verweist Avits auf das zunächst für die Finanzgeschichte beschriebene Phänomen unvorhergesehen eintretender Ereignisse, die massive Auswirkungen haben, wie etwa Terroranschläge oder Naturkatastrophen. Titel, Formgebung und Material eröffnen einen vielschichtigen Bezugsrahmen: Er reicht von der in der Ukraine in friedlichen Zeiten verbreiteten Praktik, aus alten Autoreifen weiß angemalte, dekorative Schwäne zu formen über den Einsatz brennender Reifen auf dem Maidan in Kiew bis hin zu Zerstörung und Tod, und geht gleichzeitig über die Reflexion des Krieges hinaus.
Diese Auszeichnung ist dotiert mit einem Katalog der Preisträger (dt./engl.), der in der Schriftenreihe des Bayerischen Kunstgewerbevereins erscheint.
Anna Avits, geb. 1994 in Donezk / Ukraine
2011-2014 Studium der Fachrichtung Architektur an der Nationalen Universität für Bauwesen und Architektur in Kiew, Ukraine // 2015-2019 Ausbildung zur Goldschmiedin an der Städtischen Berufsschule für das Bau- und Kunsthandwerk, München, Abschluss als Goldschmiedemeister // Seit 2020 Studium der Fachrichtung Schmuck und Gerät an der AdBK Akademie der Bildenden Künste München, bei Prof. Karen Pontoppidan

Eine Belobigung erhält: Esther Gleuwitz Deutschland, Feucht
Begründung der Jury:
Ein hauchdünnes Blatt aus Silber oder Gold zu einer »Blase« geformt – scheinbar mit einer einzigen einfachen Handlung. Es begegnet uns in Form von Schmuck an einem Menschen. Bei der Begrüßung mit dem Träger ist ein unsicheres Innehalten oder ein zögerlicher Moment spür- bar. Fungiert das Schmuckstück als Abstandhalter oder als Einladung zur Umarmung? Ein kleiner Moment und alles wäre anders. Die Erinnerung an die ehemalige Corona Regelung: 1,5 Meter zwischenmenschlicher Abstand kommt einem in den Sinn. Wenn man jetzt die im Kopf verinnerlichten 1,5 Meter überwindet, dann wird man zum Mitakteur der Künstlerin und verhilft der Brosche zu einer künstlerischen Verwandlung. Esther Gleuwitz gelingt es in ihrer konzeptionell angelegten Arbeit »bubble«, den Moment einer Begegnung zweier Menschen auf poetische Weise zu transportieren. Das Zusammentreffen von Träger und Betrachter, die Dialogfähigkeit eines Schmuckstückes, visualisiert in einem fragilen und zugleich sehr starken Objekt.
Diese Auszeichnung ist dotiert mit einem Katalog der Preisträger (dt./engl.), der in der Schriftenreihe des Bayerischen Kunstgewerbevereins erscheint.
Esther Gleuwitz, geb. 1991 in Nürnberg
2010-2011 Künstlerisch-praktisches Jahr in der Werkbundwerkstatt, Nürnberg // 2011-2014 Ausbildung zur Goldschmiedin an der Staatlichen Berufsfachschule für Glas und Schmuck Kaufbeuren- Neugablonz // 2015-2023 Studium in der Klasse für Schmuck und Gerät an der AdBK Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, bei Prof. Suska Mackert, abgeschlossen mit Diplom // 2017 Hiko Mizuno College of Jewelry, Tokio, Japan // Seit 2023 Meisterschülerin Prof. Suska Mackert, Klasse für Schmuck und Gerät, AdBK Nürnberg
Auch in diesem Jahr hat die LfA Förderbank Bayern die Preisgelder gestiftet. Für dieses Mäzenatentum bedankt sich der Bayerische Kunstgewerbeverein.
Die Arbeiten der drei Preisträger, der zwei Belobigungen und der 15 Finalisten werden vom 28. Februar bis 3. März 2024 auf der IHM (Stand 445 des Bayerischen Kunstgewerbevereins in Halle B 1)
Für die verantwortungsvolle Tätigkeit und ihr Engagement dankt der Bayerische Kunstgewerbeverein der diesjährigen Jury:
Dirk Allgaier, Verleger Arnoldsche Art Publishers
Simon Emmerlich, Journalist, Redakteur und Autor für Capriccio und andere aktuelle Kultur-Programme des BR.
Prof. Suska Mackert, Professur, Freie Kunst / Gold-und Silberschmieden, Akademie der Bildenden Künste Nürnberg
Schnuppe von Gwinner, Kunsthistorikerin, Autorin, Kuratorin
Gisbert Stach, Goldschmied und Konzeptkünstler
Antonia Voit M.A., Münchner Stadtmuseum, Sammlungsleiterin Sammlung Angewandte Kunst
Die Arbeiten der drei Preisträger, der zwei Belobigungen und der 15 Finalisten werden vom 12. April bis 11. Mai 2024 ausgestellt in der
Galerie für Angewandte Kunst | Bayerischer Kunstgewerbeverein
Pacellistr. 6–8
80333 München
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr
Die Objekte der folgenden 15 Bewerber sind in die Endauswahl gelangt:
Laura Bouyer, geb. 1995 in Fontenay-le-Comte / Frankreich, lebt in Höhr-Grenzhausen, Keramik Chanyoung Chan, geb. 1993 in Seoul / Südkorea, lebt in Antwerpen / Belgien und Seoul, Schmuck Xinyi Chen, geb. 1992 in Hubei / China, lebt in Liverpool / Großbritannien, Schmuck
Natascha Frechen, geb. 1990 in Jülich, lebt in Idar-Oberstein, Schmuck
Hiyu Hamasaki, geb. 1996 in Saitama / Japan, lebt in Osaka / Japan, Schmuck Esther Heite, geb. 1991 in Essen, lebt in Wuppertal, Schmuck
Jungwoon Lee, geb. 1989 in Seoul / Südkorea, lebt in Halle (Saale), Keramik Niklas Link, geb. 1989 in Rauenberg, lebt in Saarbrücken, Schmuck
Julia Obermaier, geb. 1989 in Landau a. d. Isar, lebt in Kempten, Schmuck
Laura Jane Anja Prahl, geb. 1994 in Düsseldorf, lebt in Düsseldorf, Schmuck
Michaela Tkadleček, geb. 1992 in Příbram / Tschechien / lebt in Höhr-Grenzhausen, Glas I-An Wang, geb. 1990 in Miaoli / Taiwan, lebt in Tainan / Taiwan, Gerät
Jiwon Yang, geb. 1990 in Daegu / Südkorea, lebt in Yongin-si / Südkorea, Schmuck Chung Yueh Yuan, geb. 1997 in Taipeh / Taiwan, lebt in München, Schmuck
Kexin Zhang, geb. 1997 in Shenyang / China, lebt in Dalian / China, Schmuck
