Die Galerie des BKV in der Münchner Pacellistrasse würdigt in diesem so besonderen Frühjahr 2021 zwei Schmuckkünstlerinnen, die das gemeinsame Studium in den neunziger Jahren an der Burg Giebichenstein – Hochschule für Kunst und Design Halle verbindet. Beide hatten das Glück ihre Ausbildung und ihr Diplom im Fachgebiet Schmuck bei Prof. Dorothea Prühl zu erhalten. Ulrike Kleine-Behnke und Silke Trekel verbindet ein jahrzehntelanger künstlerischer Dialog. In dessen Zentrum steht die experimentelle Auseinandersetzung mit dem Material, dessen Eigenschaften die Formgebung bestimmen.

Ihre Umwelt ist Ulrike Kleine-Behnke ein wichtiger Ideengeber. Darüber hinaus zeigt ihre künstlerische Haltung eine enge Verbundenheit mit der Schmuckaufassung ihrer Lehrerin Dorothea Prühl. Wie diese bevorzugt sie große Formen mit Volumen und Plastizität die ihren Schmuck häufig als Grenzgänger zwischen tragbarem Schmuck, Objekt und autonomer Kleinplastik erscheinen lassen. Raumgreifende Schmuckstücke und Halsketten die durch Falten und Knicken von dünnen Metallblechen entstehen, deren Zweidimensionalität immer präsent bleibt. Weißgesiedete Oberflächen vermitteln den Eindruck von Papier und Leichtigkeit, arbeitsfarbenes Silber eher massive Gewichtigkeit.
Fundstücke, Naturmaterialien und zuletzt auch knallfarbiges, transparentes Acrylglas, als Kick-off einer Idee, verändert Ulrike Kleine-Behnke nur behutsam in Form und Aussehen. Begeistert von den Offerten ihres Fundes, seiner Form, Farbe, Struktur bewahrt sie sich eine reduzierte und klare Formensprache, in der wir die Sichtbarkeit ihrer handwerklichen Bearbeitung und Eingriffe – getrieben, gegossen, gefaltet, montiert – als äusserst reizvolles Voiceover wahrnehmen.

Auch Silke Trekel pflegt die Vorliebe zu üppigen, selbstbewußten Dimensionen. Doch sie geht sehr eigene Wege und begeistert uns mit einem schier unendlichen Variantenreichtum an lebendigen Mustern, Reihungen und Rythmen als Grundton ihres Gesamtwerkes, in dem sie sich immer wieder neuen, häufig unorthodoxen Materialien zuwendet. Porzellan, präziser: wabenförmigem Porzellan das normalerweise in keramischen Wärmetauschern eingesetzt wird, entlockt sie eine faszinierend ornamentale Poesie. Die Strenge des Industriematerials löst sie spielerisch in lebendige Strukturen auf, schwingende Kettenelemente, bewegte Bilder und beredte Kompositionen die – ja, auch eine Brosche sein könnten.
Leichte aber harte Titanbänder faltet und windet sie in einer Art, die sie der Idee von Genialität und Akkuratesse japanischer Kalligraphie nahe bringen. Gleichmaß und Irritation verbindet sich in Ketten und Broschen, deren komplexe Strukturen nur aus wenigen emaillierten Grundelementen erwachsen, so dass sich aus ebenen Flächen dreidimensionale Anordnungen ergeben. Abweichungen und Unregelmäßigkeiten innerhalb dieser Ordnungen lassen diese optisch pulsieren. Noch jung sind erste voluminöse Schmuckstücke und Ketten aus aufregend verschlungenen Kunststoffbändern.
Ulrike Kleine-Behnke und Silke Trekel öffnen unseren Blick auf einen faszinierenden Kosmos. Sie lassen uns an ihren Entdeckungen teilhaben, an ihrer kreativen Wertschätzung von Material und seinen Eigenschaften. An ihrer Fantasie und Assoziationskraft, mit der sie uns ganz neue Perspektiven auf Dinge und Zusammenhänge gewähren, die wir meinten zu kennen.
Galerie des BKV München, Pacellistr. 6-8, 80333 München
Während des Lockdowns ist nur der Blick durch die Schaufenster möglich!
Bitte rufen Sie an, wenn Sie Interesse an einem der Objekte haben: 089 / 29 01 47 -0
Im Verlag arnoldsche Art Publisher ist ein wunderschönes Katalogbuch „Ornament in Transition – Silke Trekel Schmuck 1995 – 2020“ erschienen!
