Wilfried Moll – der Silberschmied: eine Hommage

Wilfried Moll in seiner Werkstatt in Travemünde, Foto: ©Hofmann

2008 schrieb Roman Pletter für das brand eins Magazin unter dem Titel „Versilberte Zeit“ über den Silberschmied Wilfried Moll. Er schrieb auf eine beglückend empathische, humorvolle Weise und erfasste ihn, seine Person und seinen Charakter, auf ganz besondere Art. Schon damals war es ein Vergnügen diesen Text zu lesen, weil er das Nuancierte, das Passionierte und das Charmante an Wilfried Moll so treffend bechreibt – heute gerät dieser schöne Text umso mehr zu einer tröstlichen Erinnerung. Wilfried Moll ist am 9. Juni 2020 tatsächlich aus der Zeit gefallen, überraschend, auf seiner Werkbank noch ein unvollendetes Silbergefäß zurücklassend.

Sein unbeirrbares Kontinuum als Handwerker, als Mensch und Philosoph wird von seinen Laudatoren, seinem guten Freund Rüdiger Joppien und auch von der AdK-Vorsitzenden Isabelle Hofmann, umsichtig nachgezeichnet. Ihre Worte umkreisen diesen wunderbaren, so besonderen und eigensinnigen Silberschmied und Lebenskünstler, schildern sein Leben, seine Vorlieben und Eigenarten und all das, was ihn als so feinen und freien Menschen ausmachte. Als Primus inter pares sorgte er sich um die aussterbende Zunft der Silberschmiede. Er suchte den intensiven Kontakt mit den Jungen – und diese mit ihm, dem wertvollen und hochverehrten Vorbild und Lehrer.

Seine Idee und Initiative begründete regelmäßige Treffen und fachlichen Austausch deutscher und dänischer Silberschmiede: 2002 gründete sich daraus eine zwanglose Gemeinschaft, der »HammerClub«. In den folgenden Jahren vergrößerte sich der Kreis zu den Treffen, erweiterte, vielfältigte und verselbständigte sich. Dem »HammerClub – Das Silberschmiedeforum«  fühlen sich heute zahlreiche Silberschmiede aus vielen europäischen Ländern zugehörig, darüber hinaus auch viele Silber-Enthusiasten, Sammler, Wissenschaftler, Kuratoren. Aus dieser turbulenten Gruppendynamik hatte sich Wilfried Moll inzwischen schon längst zurückgezogen – in seine geliebte „Einsiedelei“ in Travemünde, wo nur er selbst sich Takt und Tempo vorgab.

Ich lernte ihn um das Jahr 90 kennen, beeindruckt von seiner Grandezza, seiner ebenso vergnüglichen wie philosophischen Attitüde mit der er einen immer wieder in tiefschürfende Gespräche verwickelte, doch auch von seiner Hartnäckigkeit wenn er, wie er fand, ungerechtfertigten Widerspruch spürte. Er lehrte mich die Gleichberechtigung, den Einklang von Kopf und Hand zu erkennen und zu beherzigen – seine Werke sind in ihrer stillen Vollkommenheit beredtes Beispiel dieses Credos, beseelte Geschöpfe seiner Vorstellung und seiner Hände.

Schliesslich das Erlebnis mit ihm, dem großartigen Meister der Silberschmiedekunst auf einer Projektreise, zu der sich ein Kreis eingeladener Kunsthandwerker aus verschiedenen europäischen Regionen im Frühjahr 2004 für eine Woche auf der griechischen Insel Rhodos versammelte um sich auszutauschen und in Workshops zusammen zu arbeiten. In den Mittagspausen gab es täglich ein Catering im Tagungszentrum. Es fehlte an nichts und die Qualität der Speisen und Getränke war ausserordentlich. Serviert wurden diese Köstlichkeiten allerdings in weißem, billigen Plastiggeschirr und Besteck. Gut gelaunt ließ sich Wilfried zu diesen Gelegenheiten am Resopal beschichteten Tisch nieder und platzierte den gefüllten Teller vor sich. Dann griff er in seine mitgeführte Tasche, entnahm ihr ein weiche Textilrolle, aus der er mit gekonntem Schwung einen Silberbecher, Messer, Gabel, Löffel – alles selbstredend handgeschmiedete Unikate – wickelte und vor sich arrangierte. Spätestens jetzt bot ihm einer der Umstehenden an den Wein einzuschenken.

Und er erhob den Becher, blickte in die Runde unserer aller erstaunten Bewunderung:„jamas!“  Unvergessen, diese Geste unbeirrbarer stilistischer Selbstverständlichkeit und dieses kleine, verschmitzte Lächeln.

 © Schnuppe von Gwinner

Bitte lesen Sie auch die wunderbare Trauerrede seines langjährigen Freundes und Weggefährten Dr. Rüdiger Joppien, Kunsthistoriker und ehemals Kustos der Moderne am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg:

Für Wilfried Moll – Trauerfeier in St. Lorenz, Travemünde, 19.6.2020

 

Moll_ArnoldscheMOLL – Silver + Gold

Barbara Grotkamp-Schepers | Rüdiger Joppien | Peter Schmitt | Heinz Spielmann | Christianne Weber-Stöber

184 Seiten
24 x 28,5 cm, 114 Farbabbildungen. Hardcover mit Schutzumschlag.
Deutsch / Englisch