Das Museum für Angewandte Kunst in Wien hat die Schachteln mit dem Weihnachtsschmuck hervor geholt! Mit der Ausstellung FAHRRAD & HUMMER. Funkelnder Baumschmuck aus Gablonz öffnet das Museum die Türen des Kunstblättersaals für mehr als 800 filigrane Kunstwerke aus Glasperlen und Draht aus dem böhmischen Raum. Das Besondere an den Weihnachtsdekorationen aus Gablonz ist ihr überraschender Alltagsbezug und teils auch ihre Abstraktion: Statt vorwiegend Engelchen finden sich hier miniaturhafte Fahrräder, Flugzeuge, Häuser, geometrische Formen und allerlei Getier wie Spinnen, Schmetterlinge und Hummer.

Diese Miniaturen ziehen auch viele, die Weihnachten nicht oder nicht gerne feiern, in ihren Bann – eine Ausstellung also, die sich perfekt für ein Museumsdate mit vorfreudigen Weihnachtsenthusiast*innen eignet, aber auch als lohnender Versuch, andere dazu zu machen. Die ausgestellten Objekte erzählen zugleich von europäischer Gestaltungskultur, feinstem Kunsthandwerk sowie einem ausgeprägten Gespür für Farbe und Form. Sie stammen aus der mehr als 3.000 Stücke umfassenden Privatsammlung der Kunsthistorikerin und ehemaligen Kustodin der MAK Sammlung Glas und Keramik, Waltraud Neuwirth, die diese über Jahrzehnte zusammengetragen und dem MAK dankenswerterweise als Schenkung übergeben hat.

Bis heute erfreut sich der sogenannte „Gablonzer Christbaumschmuck“ bei Designer*innen und Sammler*innen großer Beliebtheit. Was in der Biedermeierzeit mit Äpfeln, Naschereien und Nüssen begann, entwickelte sich im böhmischen Raum der Habsburgermonarchie – ursprünglich als Randprodukt der reichen Glasmacher- und Bijouterietradition – zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig. Gablonz an der Neiße (heute Jablonec nad Nisou) wurde zum Zentrum der Produktion und prägte als Gattungsbegriff den Namen der Schmuckproduktion.
Ein besonderes Augenmerk der Ausstellung liegt auf dem Zeitraum zwischen 1920, als die Blütezeit der Produktion begann, und 1980 – und damit auf den oft übersehenen, ästhetisch nicht minder faszinierenden Objekten, die in den Nachkriegsjahrzehnten entstanden sind. Die Designerin Johanna Pichlbauer greift in ihrer Ausstellungsgestaltung den Moment des Aufputzens auf, wenn die Schachteln wieder hervorgeholt werden, um den Baum mit ihrem glitzernden Inhalt zu schmücken.
Hinter jedem Objekt verbergen sich hochwertige Materialien. Hauptakteure der Fertigung waren kleine Hohlperlen mit Silber- und Goldeinzügen, die in Kombination mit Glasstiften, Glasringen und Draht zu kunstvollem, von Hand gefertigtem Baumbehang in einem ungeheuren Variantenreichtum verarbeitet wurden. Auch Musikinstrumente, Obst, geometrische Figuren und vieles mehr zählten zum Repertoire der Designer*innen, deren Fantasie keine Grenzen gesetzt waren. (Pressetext)

Entwurf: Theresa Hattinger für das MAK, 2025 © MAK
Stubenring 5, 1010 Wien
Öffnungszeiten: Di 10–21 Uhr, Mi bis So 10–18 Uhr
Zur Ausstellung ist im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König ein reich bebilderter Katalog erschienen: Funkelnder Baumschmuck aus Gablonz 1920–1980 (Deutsch/Englisch, € 42, erhältlich im MAK Design Shop). Er dokumentiert nicht nur die Sammlung von Waltraud Neuwirth, sondern liefert auch spannende Einblicke in ein bislang wenig beachtetes Kapitel der angewandten Kunst – ein Muss für alle, die sich für Designgeschichte und die Ästhetik glanzvoller Feste interessieren.
