The Story So Far – die Geschichte bis hierher…eine Empfehlung

Helen Britton: Portrait | Foto: Corinna Teresa Brix

Am 27.08.2025 eröffnet die nationale Wanderausstellung „the Story so Far“ anlässlich Helen Brittons Auszeichnung als „Living Treasure of Australian Craft“ im Australian Design Center, Darlinghurst, im australischen Bundesstaat New South Wales. Dort wird sie bis zum 01.10.2025 gezeigt und geht dann auf Tour durch Australien.

Die Auszeichnung „Living Treasure of Australian Craft“ beinhaltet auch die Publikation einer Monografie der Künstlerin, zur Begleitung der Wanderausstellung und mit großzügiger Unterstützung des Australian Design Center, dem Visions of Australia Programme und freundlichen sowie großzügigen Spendern, ermöglicht.

The Story So Far – die Geschichte bis hierher…

Helen Britton: Wisdom’s Blindness & The Magic Cupboard – im Buch blättern | Foto: Schnuppe von Gwinner

… gewichtig und prächtig legt sich dieser respektable Band in die Hand, so wie wir alle uns ein Zauberbuch vorstellen würden. Mit doppelt siebgedrucktem, dunkelgrünen Leineneinband, spiegelndem Silberschnitt und knallorangenem Lesebändchen verführt er zu großer Neugier. Einzutauchen in eine geheimnisvolle, magische Wunderwelt, der dieses zauberhaft gestaltete Buch – eine Monographie der Künstlerin Helen Brittons – eine herrliche Bühne bietet. Als ich nach Stunden wieder auftauche hängt etwas Glimmer auch an mir. Ich komme zurück von einer aussergewöhnlichen Reise durch vierzig Jahre künstlerischen Schaffens, in denen Erinnerungen, Bedeutungen und Emotionen miteinander verschmelzen.

Die interdisziplinär agierende Künstlerin und ihre Weggefährten teilen in diesem Buch so viele besondere Geschichten und Gedanken. Sie beglücken, beschenken und bereichern Leser und Betrachter in einem Maß, wie man es nur sehr selten erleben darf. Sie präsentieren die Fülle der Bilder, Inspirationen und Objekte in sehr gut nachvollziehbarer thematischer Ordnung und erhellen die Zusammenhänge durch anregend geschriebene Texte. Ich weiß natürlich nicht, wie es anderen Lesern geht, aber meine helle Aufmerksamkeit für Helen Brittons unverwechselbare Schmuckkunst und ihr umfassenderes künstlerisches Schaffen setzte ein, als sie in Erfurt Stadtgoldschmiedin war. Danach habe ich kaum noch eine Ausstellung – und natürlich auch nicht den berührenden Film „Hunter from elsewhere“ ausgelassen, fühle mich in vielen Aspekten als Geistesverwandte.

Nelen Beritton im Münchner Studio | Quelle: Australian Design Center

Helen Britton selbst, die Schmuckgestalterin, Fotografin, Malerin, Illustratorin, Bildhauerin und Installationskünstlerin, weiß auch sehr gut sich selbst zu erklären, auch dann mit ihren Worten faszinierende Bilder schaffend und den Sound für ihr ganzes Werk setzend. Ihr Humor, ihre Nachdenklichkeit und ihre verblüffende Assoziationskunst kommen im Kontext diese Buches besonders zum tragen. So finden wir uns zu Beginn im KOALA HOTEL wieder, wo auf höchst kurzweilige Art die Frage nach der Kunst gestellt wird.

Hewlen Britton: Horse of Stone, 2019 Mixed Australian gemstones 37 x 23 x 1 cm | Foto Eisel Dirk

„Horse of Stone, Horse of Rain“ betitelt Helen Britton einen kurzen Essay, den sie allem voranstellt und aus dem ich kleine Fetzen in meiner klapprigen Übersetzung vom Englischen ins Deutsche zitieren möchte: „Ich halte eine Handvoll Steine. Ich habe sie mitgetragen seitdem ich ein Kind war. Da waren sie Schätze, nun sind sie Last. Sentimentalität ist nicht immer mein Freund. Materie ist gewichtig, langsam, bewußt – die Imagination ist erbarmungslos flink und leicht. Ich sortiere die Steine und es wird instinktiv ein Pferd daraus.“ Horse of Stone“, eine Brücke zischen der Mineralienwelt und der belebten Welt. Die Vorstellung legt ihre Einheit nahe, das Pferd ist lebendig und passt perfekt zu mir, ohne dass das vorhersehbar war.“… „Ich sehe tausend glitzernde Schätze in den Wellen, wissend, dass ich mich nur auf ein paar konzentrieren und sie herausschöpfen kann, bevor der Rest weggespült wird und die nächste Welle heranrollt. Ich greife hinein und ziehe ein „Horse of Rain“ aus der Tiefe, tropfend und schwer.

Worte und Werke sind Ausdruck von Verständnis, von unterschiedlichen Arten von Wissen, von Reflexion und Handeln… Ich beginne mit der Vorstellungskraft und ende mit Worten. Hier sind sie nun. Doch die Tat kam zuerst, direkt aus dem Ozean der Möglichkeiten.“

Dieser Tenor bestimmt ‚The Story So Far‘.

Helen Britton: my godmothers house

Ein Besuch im Haus der Patentante, in Fotografien von 2018 bis 2024 festgehalten, knüpft an tief sitzende Kindheitserinnerungen. Wundersame Prägungen und Erfahrungswelten gibt es da zu entdecken. Was für ein Glück hatte das Kind Helen gegenüber der Mehrheit aller Kinder, die bestenfalls die Knopfschachtel oder das Nähkästchen ihrer Großmutter auf ihrer Schatzsuche vorfanden. Die modernen Kinder finden vermutlich nicht einmal das!

Für Helen Britton ist dieses Haus der Wohnort der Vergangenheit – es beherbergte zunächst das Kind, später die Frau und Künstlerin, die zur Berufsträumerin wurde. Es ermöglichte ihr die Welt der Dinge als kreativen, sicheren Ort zu adaptieren, die ihr Platz zum Träumen und Wachsen bietet und ihr die Möglichkeit eröffnet, Ängste, Albträume und Träumereien auf eine Art und Weise zu verarbeiten, die in der realen Welt so nicht möglich ist.

„Es ist prophetisch, dass unsere Generation, die letzte der analogen Welt, mit dem Bedürfnis aufgewachsen ist, sich auf das Greifbare zu verlassen, um unserem chaotischen Dasein einen Sinn zu geben. Weder Zeit noch Raum noch der größte Ozean der Erde können uns von unserem gemeinsamen Glauben an Objekte trennen. Das Physische offenbart Menschen wie Britton, die mutig genug sind, auf Widersprüche hinzuweisen und sie zu nutzen, um einen Weg nach vorne zu bahnen, die Komplexität des Lebens.“ schreibt Barbara Paris Gifford in ihrem Buchbeitrag.

Helen Britton: Junkyard 3, 2025 Silver, paint 70 x 30 x 10 cm | Foto Eisel Dirk

Helen Britton’s Machen hat etwas Magisches in seiner Wirkung, denn sie hat sich das radikale Staunen des Kindes über das Universum bewahrt. Sie folgt der Spur, die die Materialien und ihre Geschichten in Raum und Zeit hinterlassen und fügt ihren Geschichten etwas hinzu. Sie schöpft aus dem Überfluss! Wie strategisch oder intuitiv sie das tut, welche Inspirationen, Ideen und Assoziationen zu den Zeitläuften sie aufgreift und, häufig in Werk-Serien oder Gruppen, thematisiert, erzählt dieses wunderbare Buch. Natürlich auch darüber, wie alles geschah, welche Menschen wichtigen Anteil an ihrer Entwicklung als Künstlerin haben und welche Orte eine bedeutende Rolle spielen.

Was wir in unseren Händen halten erkennt Helen Britton als Metapher für unsere Verantwortung: „Ich frage nach allem:

Helen britton: Freaked Out Crying Weeder, 2024 | Foto: Eisel Dirk

Woher kommst du?

Wer hat dich gemacht?

Wie waren die Umstände deiner Entstehung?

Was hat sich dadurch verändert, dass du jetzt in meiner Hand bist?“

HELEN BRITTON : The Story so Far
Die Co-autoren: Lisa Cahill / Julie Ewington / Barbara P. Gifford / Toni Greenbaum / Katie Scott Book-Design: Alexandra Rusitschka

320 Seiten
22 x 28,7 cm, 360 Abb.
Hardcover mit Leineneinband
Englisch
Arnoldsche Art Publisher
ISBN 978-3-89790-743-0

Das Australian Design Center ist ein führendes Zentrum für zeitgenössisches Kunsthandwerk und Design in Australien. Es feiert und fördert den kulturellen Wert kreativer Denker und Schöpfer. Die Living Treasures: Masters of Australian Craft – Reihe nationaler Wanderausstellungen wurde 2005 vom Australian Design Center ins Leben gerufen, um herausragende etablierte Künstler aus dem Bereich des zeitgenössischen Kunsthandwerks zu würdigen und zu ehren. Diese Serie, die von der australischen Regierung unterstützt wird, hat weiterhin Einfluss auf Generationen von Künstlern und Kunstliebhabern in Australien und international.