Dorothee Wenz – „Form in Farbe“: Oldenburg, vom 02.08. bis 14.09.2025.

Dorothee Wenz, Gefäß 2024

Die Solo-Ausstellung der Preisträgerin der NEUEN KERAMIK 2024 , Dorothee Wenz:

Wie wäre es, ein Gefäß nicht erst zu formen und danach farbig zu glasieren, sondern die Farbe von Anfang an mit einzubeziehen? Die Farbe nicht als Oberflächenauftrag, sondern als Teil der Form zu behandeln? Farbe und Form als eins zu begreifen? Seit mehr als 30 Jahren tut Dorothee Wenz aus Schwabenheim bei Mainz bei genau das: Sie baut Gefäße aus gefärbten Ton – und Porzellanmassen. Mit allen erdenklichen Farben hat sie schon gearbeitet, von tropischem Türkisgrün über trockenes Ziegelrot bis zu Blau oder Gelb. Im Selbststudium hat sie sich die Technik einst erarbeitet, erst Jahre später erfuhr sie von einer ganz ähnlichen Tradition in Japan: Nerikomi.

Dorothee Wenz, Gefäß Paar 2024

Ihre Massen färbt Dorothee Wenz mit keramischen Farbkörpern selbst ein. Doch es bleibt nicht bei einfarbigen Objekten. Die Künstlerin färbt mehrere Massen in verschiedenen Farben, klopft sie flach und stapelt sie aufeinander. So entstehen kleine, quer gestreifte Blöcke aus fein aufeinander abgestimmten Farben. Die einzelnen Farbstreifen verlaufen leicht unregelmäßig, das wirkt lebendig, als wären die Schichten natürlich gewachsen. Aus diesen Blöcken schneidet Dorothee Wenz dann Bänder und baut daraus leicht asymmetrische Vasen von einer Größe bis zu 150 cm.  Nach dem Schrühbrand und noch einmal nach dem Hochbrand werden die Stücke von Hand geschliffen. Das Ergebnis ist eine glatte Oberfläche mit einem seidig matten Glanz. Die Glätte der Oberfläche lässt die bewegten Strukturen besonders gut zur Geltung kommen. Auch die Asymmetrie trägt zur Lebendigkeit bei. Es sind Gefäße, die man anfassen will. Berührt man sie dann tatsächlich, meinte man einen Handschmeichler oder Kieselstein in der Hand zu haben. Die Haptik und der seidenmatte Glanz entsprechen exakt einem frisch dem Wasser entnommenen Kieselstein kurz bevor er trocknet.

Dorothee Wenz, Gefäß 2024

Das Faszinierendste an den Arbeiten von Dorothee Wenz aber sind die Muster, die sich durch den Aufbau in Schichten ergeben. Man spürt beim Betrachten das zugrundeliegende System und doch wirkt alles wie zufällig gewachsen. Die Gefäße bilden Streifen oder Bänder, die wie Erdschichten oder abstrakte Landschaften wirken, Brüche und kleine Verwerfungen eingeschlossen. Die Gefäße werden zum Bild und die Farben zum Gefäß. Neben den waagrechten Schichtungen arbeitet die Künstlerin auch mit Längsstreifen. Dazu zerschneidet sie die quergestreiften Blöcke in kleine Stücke, dreht sie um 90 Grad und setzt sie senkrecht aneinander. Zuletzt hat Dorothee Wenz auf die waagerechte Aufbaustruktur ganz verzichtet: Sie hat einzelne Formen auf den gestreiften Blöcken völlig frei aneinandergefügt und mit farbig eingefärbtem Schlicker verbunden. Die Gefäße dieser Reihe sehen aus, als seien sie aus fallenden Blättern geformt, die sich sanft am Boden übereinanderlegen. Die Querlinien der Farbschichtungen werden hier zur Netzstruktur des Blattes.

Dorothee Wenz nimmt in der Keramikwelt eine sehr eigenständige Position ein, niemand sonst arbeitet auf ihre Weise. Die Technik ist aufwändig und untypisch für keramisches Arbeiten. Es dauert Stunden, das Material vorzubereiten, der Aufbau der Gefäße ist ebenso langwierig, hinzu kommen die Schleifarbeiten. Doch Dorothee Wenz geht es ums Ergebnis. Sie hat eine klare Vorstellung davon, wie die Oberfläche wirken und wie sich die Gefäße anfühlen sollen.

Natürlich könnte sie mit ihrer Technik auch freie Skulpturen formen, doch die Verankerung im Gefäß ist ihr wichtig. Gefäße haben per se etwas Archaisches an sich, jeder Keramiker und jede Keramikerin reiht sich mit ihren Arbeiten in eine Reihe ein, die bis zu den Ursprüngen des menschlichen Lebens zurückreicht. Abgesehen davon kann man Gefäße selbst durchaus auch figürlich begreifen, haben sie doch einen Bauch, einen Hals, Fuß und Lippe.

Für ihre Arbeiten ist Dorothee Wenz vielfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem Grassipreis der Carl und Anneliese Goerdeler Stiftung, dem Pfalzpreis für Kunsthandwerk 2021 oder dem Staatspreis für das Kunsthandwerk Rheinland-Pfalz 2022. Zuletzt erhielt sie den Detlef-Schmidt-Wilkens Preis für Keramik und den Preis der Neuen Keramik 2024, verbunden mit einer Einzelausstellung. (Text: Julie Metzdorf)

Oldenburger Schloss

Schloßplatz 1 | 26122 Oldenburg

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10:00 bis 18:00 Uhr