Aktuell ist die Ausstellung zur 21.SILBERTRIENNALE INTERNATIONAL im Goldschmiedehaus Hanau zu sehen, über die ich, ebenso wie über die Preisträger, bereits am 30.03. berichtete.
Derweil erreichte mich, als vielversprechender Vorbote, der Katalog:
Silber, glänzend und gewichtig, liegt er in der Hand. Paperback in schweizer Broschierung mit offener Fadenheftung – der Thematik angemessen, ein handwerklich anspruchsvoll gestaltetes Buch mit einigen bemerkenswerten Finessen. Der Werkkatalog der diesjährigen Preisträger und ausgewählten Teilnehmer bildet das Herzstück des Buches. Er wird umarmt von zwei Heftlagen aus schwarzen, mit Silber bedruckten Seiten.

Ich empfehle dringend Disziplin zu wahren und das Buch genüsslich von vorne nach hinten zu blättern. Dieses Geheimnisvolle, schimmernd auf sattem Schwarz gedruckter Fotos, erschliesst sich durch das Bewegen der Seiten, in ihrer genaueren Betrachtung.
Zu Beginn eine Chronologie: Pakete, das Auspacken – raschelndes Seidenpapier darf imaginiert werden – das erste Sichten durch die Jurymitglieder. Neugier, Taxieren, Staunen und immer wieder eine Überraschung, die von weiß behandschuhten Händen vorsichtig entblättert, gehalten wird. Das zufällige Nebeneinander der Preziosen auf dem langen Tisch – von fachkundigen Blicken begleitet.

Diese intensive Fotostrecke offenbart visuelle Momente der Jurierung des Wettbewerbs. Sie vermittelt das Preziöse, das Ausserordentliche. Sie gibt Orientierung, ein Gefühl für die Maßstäblichkeit der Objekte und der sich sachte entfaltenden Aura ihrer Narrative. David Arzt ist der einfühlsame Fotograf dieser lebendigen Serie. Am Ende des Buches, im Anschluss an die Parade der Objektfotos im eigentlichen Katalog, verraten noch einige seiner nahezu abstrakten Detailaufnahmen, wieder in Silber auf schwarzem Grund, etwas über die vielfältigen Strukturen des verarbeiteten Silbers in den Arbeiten. Sie verführen nochmal zurück zu blättern, genauer zu schauen – wunderbar!

Malte Guttek, Direktor des Goldschmiedehauses und Geschäftsführer der Gesellschaft für Goldschmiedekunst, ist Herausgeber und auch der Autor des Begleittextes. Er stellt die Frage: „Über was sprechen wir wenn wir über Silber sprechen“ und berührt damit das Dilemma des Silbers in heutiger Zeit. Als handwerkliche Kunst, die als Nische in der Nische des Kunsthandwerks auf ewiger Suche nach ihrer Daseinsberechtigung in unserer Gegenwart zu sein scheint, irgendwo zwischen luxuriöser Königsdisziplin, Spielfeld faszinierter Connaisseure und allgemeingesellschaftlicher Gleichgültigkeit.
Generell wird Silber einem sakralen, fürstlichen bzw. großbürgerlichen – auf jeden Fall traditionellem Kontext zugeordnet. Repräsentation, Zeitgeschmack, kulturelle Prägung und Nützlichkeit sind die ihm innewohnenden Parameter. Der Aufwand für seine Pflege gereicht ihm zum Nachteil. So verbinden sich positive wie negative Klischees mit dem Blick auf eine Art Gebrauchssilber, „dessen Rezeption für die Wahrnehmung künstlerisch hervorragender Silbergestaltung nicht geeignet ist, und so keine Perspektive im Sprechen über zeitgenössisches Silber bietet.“ Malte Guttek wünscht sich in der Diskussion über die Qualität von Silberschmiedearbeiten Augenhöhe zu den anderen Künsten: „mit einem anderen Blick auf Silber können die Sinne geschärft werden…“

Geradezu kontraproduktiv zu diesem Wunsch verhält sich jedoch die durchgehende, ausdrückliche Klassifizierung der Objekte im Katalog, als Kanne, als Gefäß, als Objekt, als Kerzenhalter, als Besteck, als Becher, als Karaffe usw. usw.. Sie werden einfach nicht in die Freiheit der eigenen Wirkmächtigkeit entlassen. Als könnten die blätternden Betrachter ihren eigenen Augen, ihren eigenen Assoziationen, nicht trauen. Es offenbaren sich vielfältige, ideenreiche, fantastisch umgesetzte Silberarbeiten, jeweils in einem Detail und einer Gesamtansicht abgebildet, in sachlich präzisen Fotografien von Esspe Studios. Manche Werke tragen inspirierende Titel. Manche nicht. Alle haben das Potential, neben dem Offensichtlichen noch etwas Metaphorisches zu sein. Können eine These interpretieren, eine Geschichte erzählen oder auch einfach ehrlich überzeugend von der handwerklichen und gestalterischen Meisterschaft ihrer Schöpfer künden. Da bietet sich sehr viel Gesprächsstoff.
Doch vielleicht übersteigt dieser Anspruch auch die Möglichkeiten eines Kataloges? Und sei er noch so gelungen und stimmig wie der hier Vorliegende, der von Ina Bauer wunderbar gestaltet, von der Offizin Scheufele gedruckt und vom Buchbinderteam Idupa Schübelin gebunden und von Arnoldsche Art Pubilshers in Stuttgart verlegt wurde.
Als beglückende Stimulanz wirkt der feine Katalog… und sicher auch als wertvolles Souvenir.
Ins tatsächliche Gespräch mit und über die Exponate zur 21.SILBERTRIENNALE INTERNATIONAL kommt man vermutlich nur, wenn man sie in ihrer Ausstellung besucht.
Der zweisprachige Band – deutsch/ englisch – ist für 28,00 € erhältlich über den Verlag, im Goldschmiedehaus, in allen weiteren Ausstellungs-Stationen sowie über den Buchhandel: ISBN 978-3-89790-744-7
