Nähnadel und Deoroller, Menschenhaar und Künstliche Intelligenz: Im zeitgenössischen Autorenschmuck ist alles möglich. Die Sonderschau SCHMUCK auf der «Handwerk & Design» versammelt die neuesten Arbeiten von Schmuckkünstlerinnen und Schmuckkünstlern aus der ganzen Welt. Sie ist die wichtigste Ausstellung für zeitgenössische Schmuckkunst weltweit. Die kommende SCHMUCK findet vom 28. Februar bis zum 3. März 2024 auf dem Messegelände München in Halle B1 statt.

Einmal im Jahr wird München zur Schmuckstadt: Zur «Handwerk & Design» reisen Kunstschaffende, Galeristen, Museumskurator:innen und Sammler aus der ganzen Welt an, um sich auf der Sonderschau SCHMUCK über die neuesten Tendenzen in der Schmuckwelt zu informieren. Das Besondere an dieser Ausstellung: Es gibt keinerlei Thema oder Motto. Hier treffen die unterschiedlichsten Stücke aller Generationen, Schulen, Kulturkreise und Kontinente aus den verschiedensten Materialien und Techniken unmittelbar aufeinander. Und das seit sage und schreibe 65 Jahren. Bereits 1959 wurde der Impuls für die Schau von Kunsthistoriker Herbert Hofmann gegeben. Solch eine Kontinuität spricht für sich: Noch heute bildet die SCHMUCK den Kern von Münchens Ruf als Zentrum zeitgenössischer Schmuckkunst.
Kuratiert wurde die Sonderschau in diesem Jahr von Norman Weber. Er ist selbst Schmuckkünstler und künstlerischer Leiter der Berufsfachschule für Glas und Schmuck Neugablonz/Kaufbeuren. Nach seiner Ausbildung zum Gold- und Silberschmied an ebenjener Schule, studierte er an der Münchner Kunstakademie in der Schmuckklasse unter Hermann Jünger und Otto Künzli. Für die SCHMUCK 2024 wählte er unter mehr als 600 Bewerbungen 61 Arbeiten von KünstlerInnen aus 23 Ländern aus. „Ich war total beeindruckt von der unheimlichen Vielfalt und Kreativität der eingereichten Arbeiten“, sagt er. Seine Auswahl für die Ausstellung spiegelt das breite Spektrum der Schmuckkunst. (Pressetext)
Parallel zur «Handwerk & Design» finden die „Münchner Schmucktage“ mit Dutzenden weiteren Ausstellungen, Performances und Vorträgen statt. Wo Sie in München am vielseitigen Programm teilnehmen können, erfahren Sie am Schuckinfopoint im Ruffinihaus am Rindermarkt 10 – mitten im Herzen Münchens. Die Eröffnung des Schmuckinfopoints ist bereits am 20. Februar 2024.
Die Journalistin Julie Metzdorf und der Kurator Norman Weber im Gespräch:

Grüß Gott Norman Weber. Sie sind Schmuckkünstler, in Kaufbeuren, Gewinner des Friedrich Becker Preises 2023 – und: Kurator der kommenden Sonderschau SCHMUCK 2024 auf der «Handwerk & Design» im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse in München. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen uns zur SCHMUCK ein paar Fragen zu beantworten.
Viele Schmuck-Interessierte kennen Sie oder zumindest einige Ihrer Arbeiten schon, trotzdem möchte ich Sie gern noch ein bisschen genauer vorstellen. Können Sie etwas zu Ihrer Laufbahn erzählen?
Norman Weber: Ich wurde an der Berufsfachschule für Glas und Schmuck in Kaufbeuren-Neugablonz zum Gold- und Silberschmied ausgebildet. Später studierte ich an der Kunstakademie in München, in der Schmuckklasse unter Hermann Jünger und Otto Künzli. Parallel dazu legte ich mein Staatsexamen zum Kunsterzieher ab. Seit 2011 unterrichte ich an meiner ehemaligen Ausbildungsstätte bzw. bin mittlerweile künstlerischer Leiter der Berufsfachschule für Glas und Schmuck Neugablonz.
Kommen wir zur SCHMUCK 2024 und der Auswahl, die Sie als Kurator für die kommende Sonderschau getroffen haben. Mehr als 600 Bewerbungen gab es in diesem Jahr, aus denen Sie anhand von 2700 Fotos etwas mehr als 60 Arbeiten von SchmuckkünstlerInnen aus 30 Ländern ausgewählt haben. Dafür hatten Sie gerade einmal zwei Tage Zeit. Da drängt sich natürlich die Frage nach den Kriterien auf: Was musste eine Arbeit mitbringen, um am Ende von Ihnen für die Sonderschau SCHMUCK ausgewählt zu werden?

Norman Weber: Ich war total beeindruckt von dieser unheimlichen Vielfalt und Kreativität, die die internationale Szene des Autorenschmucks ja ganz grundsätzlich auszeichnet. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass man anhand von Fotos beurteilt. Also: Was lese ich anhand der Bilder in die Objekte hinein und was ist dann schlussendlich wirklich da. Und das entscheidet sich tatsächlich am Originalobjekt. Ich habe mich zunächst für die Perspektive des Schmuckmachers entschieden, der ein ausgeprägtes Interesse an den Arbeiten meiner KünstlerkollegInnen hat. Dann war mit wichtig, dass der Schmuck tragbar sein sollte, reine Objekte habe ich dann nicht mehr berücksichtigt. Ein dritter Aspekt meiner Auswahl war, dass sie der Unterschiedlichkeit und Vielfalt der künstlerischen Ansätze und auch der Herkunft der KünstlerInnen Rechnung trägt.
Nennen Sie uns doch bitte ein paar prägnante Beispiele, die Sie für die SCHMUCK ausgewählt haben.
Norman Weber: Da ist einmal Yael Olave Munizaga, eine aus Chile stammende Künstlerin, die aus recycelten Rolldeo-Kugeln Broschen gefertigt hat. Was ich daran sehr reizvoll finde, ist, dass es ein Upcycling ist, das aber so weit getrieben wurde, dass die ursprüngliche Herkunft des Materials vollkommen vergessen wird. Dann ist da Hilde Dramstad aus Norwegen, die aus Stoff Anhänger genäht hat, die unterschwellige Ängste thematisieren, wofür die Künstlerin einen sehr eigenen Ausdruck gefunden hat. Ganz anders dagegen die Arbeit von Takayoshi Terajima aus Japan, der täglich Selbstporträts mittels einer KI fertigt, die er dann mit traditionellen handwerklichen Techniken zu Schmuck weiterverarbeitet. Anhand dieser Beispiele sieht man schon, wie außerordentlich breit das Spektrum ist.

Und insgesamt, nach den 2700 Fotos, wo steht der Autorenschmuck 2024?
Norman Weber: Ich hatte den Eindruck, dass viele Arbeiten sehr sorgfältig und aufmerksam umgesetzt wurden. Und das trotz der sehr unterschiedlichen Techniken, die von der Nähnadel bis zur KI reichen. Zumindest haben das die Fotos widergespiegelt, und das finde ich insofern spannend, als ich in den vergangenen Jahren eher den Eindruck hatte, dass in der technischen Umsetzung eher eine Ästhetik des Beiläufigen kultiviert wurde.
Spielen handwerkliche Fähigkeiten eigentlich noch eine Rolle beim Schmuckmachen?
Norman Weber: Was ich wichtig finde, ist, dass die Wahrnehmung und Kontextualisierung von Schmuck eigentlich immer über Form, Farbe und Oberflächenqualität bestimmt wird. Die Objekte werden eben von den BetrachterInnen gelesen und interpretiert, unabhängig von der eingesetzten Technik.

Eine Besonderheit der SCHMUCK ist ja, dass es kein Ausstellungs-Thema oder Motto gibt. Hier treffen die unterschiedlichsten Stücke aller Generationen, aller Schulen, aller Kulturkreise und Kontinente aus den verschiedensten Materialien und Techniken unmittelbar aufeinander. Welche besonderen Chancen bietet eine solche Ausstellung?
Norman Weber: Die Chance ist sicherlich zu sehen, auf wieviele unterschiedliche Arten man sich dem Thema Schmuck annähern kann – als KünstlerIn wie auch als BetrachterIn. Und man sieht, dass Schmuck alles andere als ein klar definierter Begriff ist, wie uns manchmal vielleicht in bestimmten Auslagen von Geschäften suggeriert wird.
Die SCHMUCK hat eine über 60-jährige Tradition und ist seit ihrer Gründung ein wichtiges Forum für zeitgenössische SchmuckkünstlerInnen. Einmal im Jahr treffen sich KäuferInnen, SammlerInnen, KuratorInnen persönlich in München. Welche Rolle kann so eine physische Ausstellung im Zeitalter von Social Media eigentlich noch spielen?
Norman Weber: Ich bin zuversichtlich, dass BesucherInnen nach wie vor großes Interesse haben, die Objekte auch direkt und live zu sehen. Das gilt insbesondere für SchmuckkünstlerInnen, die ja sehr gerne Schmuckstücke auch von der Rückseite betrachten. Für die SCHMUCK wünsche ich mir, auch für die Zukunft, dass die analogen Möglichkeiten, Schmuck zu zeigen, nach wie vor bleiben.
Vielen Dank für Ihre Einblicke und den kleinen Vorgeschmack auf die SCHMUCK 2024. Wir sind sehr gespannt auf Ihre Auswahl!
Sonderschau SCHMUCK anlässlich der „Handwerk & Design“ auf der Internationalen Handwerksmesse München, Messegelände München in Halle B1
Öffnungszeiten: MITTWOCH – SONNTAG von 09:30 bis 18:00 UHR

