Canops. Möbel von Welt: Berlin bis 11.02.2024

Schreibbureau Detail Beinpartie mit Augenmotiv (Elefantenantlitz) © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum / Stephan Klonk, Berlin

Das Berliner Kunstgewerbemuseum widmet dem deutschstämmigen José Canops (1733–1814) eine Einzelausstellung. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts schuf er in Madrid als Hoftischler für den spanischen König Karl III. Meisterwerke der Möbelkunst. Die Ausstellung präsentiert das weitgehend unbekannte Werk von Canops erstmals außerhalb Spaniens. Neben spektakulären Möbeln gibt ein breitgefächerter Schatz von Büchern, Grafiken, Karten, Musikinstrumenten und Werken der angewandten Kunst Einblicke in den weiteren Kontext dieser Zeit. Ausgangspunkt der Sonderausstellung ist der Erwerb eines Canops-Schreibmöbels für das Kunstgewerbemuseum.

Der im Herzogtum Limburg gebürtige Joseph Canops wanderte wie zahlreiche deutsche Kunsttischler*innen in der Mitte des 18. Jahrhunderts nach Paris, um sein Handwerk zu perfektionieren. Von dort kam er 1759 nach Madrid, wo Karl III. als neuer Regent von Spanien im neuen Königspalast die königlichen Appartements gestalten und einrichten ließ.

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Blick in die Sala Gasparini im Königlichen Palast, Madrid, Entwurf Mattia Gasparini 1760-1774, Stuckdecke, Marmorfussboden, Wandbespannung mit Seidenstickereien, Spiegelrahmen und Sitzmöbel, Ausführung 1760-1791 © Patrimonio Nacional, Colecciones Reales. Palacio Real / Stephan Klonk, Berlin

Am Hof arbeitete Canops in einem durchweg internationalen Milieu mit dem Italiener Mattia Gasparini (gest. 1774) zusammen, der als Hofmaler Karls III. für die Dekoration der repräsentativsten Räume des Königs verantwortlich war. Hier übernahm er die Leitung der neu gegründeten Hoftischlerwerkstatt und schuf mit seinen Mitarbeitern in gut 20 Jahren außerordentlich kunstvolle Möbel und ganze Raumausstattungen in einem einzigartigen Stil: eine wahrhaft europäische Schöpfung, die sich aus italienischen Traditionen, dem Vorbild des Pariser Luxus sowie der Begeisterung für die exotischen Welten Asiens speist.

Im Schaffen von Canops vereinigt sich dies mit der Präzision deutschen Tischlerhandwerks und dem Reichtum der spanischen kolonialen Welt: darunter die exquisite Verwendung von Mahagoni- und anderen exotischen Hölzern. Die technische Meisterleistung von Canops‘ Werk wird anhand eines speziell angefertigten Teilmodells des Berliner Schreibmöbels in originaler Größe greifbar. Es lädt die Besucher*innen ein, die Form zu berühren und die originale Farbigkeit und Konstruktion zu erkunden. Gefertigt von den Berliner Spezialist*innen für modernen Modellbau Werk5 in Kooperation mit dem Fachbereich Konservierung und Restaurierung – Holz der Fachhochschule Potsdam.

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Schreibbureau mit exotischem Marketeriedekor, Madrider Hofwerkstatt von Karl III. unter Leitung von José Canops, Madrid um 1772/73, Konstruktion von Korpus und Schubkästen in Mahagoniholz, Marketerie in diversen exotischen Furnierhölzern (Königs-, Amaranth- und Rosenholz u.a.), feuervergoldete Bronzebeschläge: Gesamtansicht © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum / Stephan Klonk, Berlin

Neben Leihgaben aus New York, den Bayerischen Schlössern und Gärten, München und besonders dem königlichen Palast in Madrid (Patrimonio Nacional) wird der kulturhistorische Kontext durch die reichen Bestände der Staatsbibliothek, des Musikinstrumenten-Museums und der Staatlichen Museen zu Berlin anschaulich gemacht und so eröffnet sich dem Publikum ein bisher verborgener Kosmos.

In neun Kapiteln werden die Besucher*innen durch die Ausstellung geführt. Fünf Multimediastationen liefern Einblicke rund um Canops Werk: eine eigens in Madrid erstellte Panoramaprojektion des Gasparini-Saals, zwei Filme zum Möbelbau des deutschen Ebenisten Jean-François Oeben, ein Videoclip zur Fertigung des modernen Modellbaus, eine Bildershow zur historischen Gewinnung von Mahagoniholz, sowie die digitale Buchversion des „Roubo“, des Pariser Standardwerks zum Möbelbau des 18. Jahrhunderts.

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Teilmodell des Zylinderbureaus von José Canops und der Madrider Hofwerkstatt im Kunstgewerbemuseum, Birnbaum- und Mahagoniholz; Furnier: Rosen- und Königsholz, Amarant, Palisander, weißes und schwarzes Ebenholz, Satinholz, blaugrün gefärbt, Berberitze. H 120,3 × 98,5 × 30,7 cm, © Staatliche Museen zu Berlin, Kunstgewerbemuseum

Das 2021 mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Rudolf-August Oetker-Stiftung für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Denkmalpflege sowie der Julius-Lessing-Gesellschaft, dem Freundeskreis des Kunstgewerbemuseums Berlin erworbene Schreibbureau ist ein herausragendes Beispiel der Canops‘schen Möbelkunst. Für die repräsentative Aufstellung frei im Raum konzipiert, ist das Zylinderbureau allansichtig plastisch modelliert. Vollständig in

gebaut und mit seltensten Furnieren belegt, entfaltet es einen höchst extravaganten Dekor. Möbel von Canops sind von großer Seltenheit und abgesehen von Madrid weltweit nur in öffentlichen Sammlungen in San Francisco, New York und nun in Berlin vertreten.

„Canops. Möbel von Welt“ wird kuratiert von Achim Stiegel, Kurator der Möbelsammlung am Kunstgewerbemuseum.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog im Michael Imhof Verlag mit wissenschaftlichen Beiträgen internationaler Spezialist*innen. Zahlreiche Neuaufnahmen des bisher unbekannten Werks von Canops wurden dafür von dem Berliner Fotografen Stephan Klonk angefertigt:  ISBN 978-3-7319-1368-9. (Pressetext)

Kunstgewerbemuseum

Kulturforum – Matthäikirchplatz – 10785 Berlin

Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr | Samstag & Sonntag von 11 bis 18 Uhr